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    Auch 2023 war von anhaltender Hitze geprägt. Die Stadt Leipzig diskutierte in einer Bürger*innensprechstunde die erste Version des Hitzeaktionsplans zum Schutz der Gesundheit von Bürger*innen.

    Anmerkung der Redaktion: In der Printversion der luhze-Novemberausgabe wurden Falschaussagen zu den Zielsetzungen des Hitzeaktionsplans getroffen, welche in Folgendem korrigiert wurden.

    Da lange Hitzeperioden in Leipzig immer öfter zu verzeichnen sind, fand am 16. Oktober im Umweltinformationszentrum der Stadt eine Bürger*innensprechstunde statt, in der die erste Version eines Hitzeaktionsplan diskutiert wurde. Diese wurde maßgeblich durch das Amt für Umweltschutz ausgearbeitet und von dessen Vertreter*innen, Anett Richter und Johannes Dome, sowie Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal den Teilnehmenden vorgestellt. Hitzeschutzmaßnahmen seien dringend nötig, wie Richter meinte.  

    Anett Richter über die Notwendigkeit der Hitzeschutzmaßnahmen: Sollte das Pariser Klimaabkommen nicht eingehalten werden, werde die Jahresanzahl von Tagen über 30 °C in Leipzig bis 2100 von sieben auf dreißig steigen. Man müsse sich sowohl auf direkte Folgen wie hitzebedingte Gesundheitsstörungen, Verschlimmerung von Erkrankungen und vorzeitige Todesfälle als auch indirekte Folgen wie Auswirkungen auf das Gesundheitswesen, Gefährdung der Infrastruktur und ein erhöhtes Unfall- und Allgemeinrisiko gefasst machen. 2022 habe es 4500 Hitzetote in Deutschland gegeben. 

    Sie erklärte zudem, dass bei der Erarbeitung des Hitzeaktionsplans auf Zusammenarbeit mit Bürger*innen gesetzt werde. Zum Beispiel habe es innerhalb der Ökofete, ein Event des Vereins Ökolöwe Umweltbund Leipzig e. V., öffentliche Umfragen zur Hitzebelastung gegeben. Dabei habe sich gezeigt, dass viele Menschen „multiplen Hitzeorten“ ausgesetzt seien und weder zuhause noch auf Arbeit oder in der Schule der Hitze entkommen könnten. Demzufolge seien nicht nur ältere Menschen von einer Belastung betroffen. 

    Zusätzlich werde regelmäßig im Rahmen der Stadtklimaanlyse die Hitzeverteilung durch Modellierungen erfasst. Aktuell gibt es Maßnahmen zu Hitzeschutz wie die Gründachförderung, die Einrichtung von Trinkbrunnen, das Straßenbaumkonzept und der Masterplan Grün 2030, ein Projekt zum Schutz grüner und blauer Flächen. Der Hitzeaktionsplan soll bis zum zweiten Quartal 2023 ausgearbeitet werden. Aktuell stützt er sich auf zwei Schwerpunkte: „Management von Akutereignissen mit besonderem Schutz hitzesensibler, vulnerabler Gruppen“ sowie „Risikokommunikation“ durch zum Beispiel Hitzeflyer und Vorträge über „Verhaltenstipps bei Hitze“. 

    Die Vertreter des Amtes für Umweltschutz und der Bürgermeister sähen sich jedoch mit Herausforderungen konfrontiert. Laut Richter sei der Hitzeschutz gesundheitsrelevant und sollte deshalb an erster Stelle stehen, doch auch Wohnraum und kommunale Einrichtungen wie zum Beispiel Kitas oder Schulen würden benötigt werden und dabei Flächen beanspruchen. Auch das gesetzliche Baurecht und das städtische Prinzip „Innen- vor Außenentwicklung“ müssten bei Planungen berücksichtigt und im Einklang mit Nachhaltigkeit gesetzt werden. Es müsse also „intensive Abstimmung bei allen Planungsvorhaben“ stattfinden, um „bestmögliche Kompromisse“ zu schließen, so Richter.  

    In der anschließenden Diskussionsrunde wurden von den Bürger*innen Ideen wie Fassadenbegrünung, Dämmung und Nutzung von Kopfsteinpflaster eingeworfen. Jedoch regte genau das Thema „Planungsvorhaben“ viele zu starker Kritik und Grundsatzfragen über Leipzigs Siedlungsstrukturen an. Zu oft seien Flächen mit Einkaufszentren zugebaut, die man auch für Wohnraum nutzen könne. Stattdessen werde dann durch Rodung von Parkanlagen, die für das Stadtklima aber eine entscheidende Rolle spielen, Wohnraum geschaffen. Man müsse sich also klar werden, wo die Prioritäten liegen: Braucht es wirklich so viele Gewerbe- und Denkmalsflächen oder sollte der wertvolle Platz nicht in erster Linie für Wohnraum und Grünflächen genutzt werden?  

    Außerdem sprachen Bürger*innen den Bebauungsplan des Wilhelm-Leuschner-Platzes an, wofür einige der ältesten Bäume des Stadtzentrums gerodet werden sollen. Das sei sehr widersprüchlich: Warum bemühe man sich, die Stadt mit Gründächern zu kühlen, wenn man gleichzeitig zulasse, dass die bereits vorhandenen Bäume, die für viel mehr klimatischen Ausgleich sorgen, gerodet werden? Rosenthal erklärte dies damit, dass im Moment kein juristisches Mittel gegen das private Baurecht vorliege. Deshalb sei ihm und den Mitgliedern des Amtes für Umweltschutz nur geblieben, eine nachhaltige Bauweise mit Gründächern und Neubepflanzung auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz durchzusetzen. Der Masterplan Grün jedoch könne es seiner Ansicht nach möglich machen, schützenswerte Flächen zu definieren und vor dem Planungsrecht zu bewahren. Da dies den Teilnehmenden als Vertröstung nicht reichte, stellte er eine weitere Diskussionsrunde zu den Bebauungsplänen in Aussicht.  

    Einig waren sich Bürger*Innen und Bürgermeister darin, dass jeder Cent, den man jetzt in Klimaschutz steckt, sich in naher Zukunft tausendfach bezahlt machen wird. 

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