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  • Vertretung um jeden Preis

    Nach den zweiten Antragsbriefwahlen für die studentischen Wahlen ist die Wahlbeteiligung wieder gesunken. Die Gewählten sind trotzdem zuversichtlich.

    Kevin Jochmann ist ein bisschen stolz. Sein Fachschaftsrat (FSR), der FSR Archäologie und Geschichte des Alten Europa, konnte die eigene Wahlbeteiligung bei den Fachschaftsratswahlen im Vergleich zur Wahl vor einigen Monaten mehr als verdoppeln, auf 6,02 Prozent. „Man muss durchhalten“, antwortet er auf die Frage, was er anderen Fachschafts­räten bezüglich ihres Engage­ments raten würde.

    Seine Zuversicht macht Hoffnung, denn die harten Zahlen sind besorgniserregend: Nur 2,39 Prozent aller Studierenden der Leipziger Universität wählten im Juni ihre direkten Vertretungen, 0,32 Prozent weniger als bei der Wahl im Februar. Beide Wahlen fanden als Antragsbriefwahl statt. Aufgrund der Pandemie wurde die FSR-Wahl für die Wahlperiode 2020/21 auf Februar dieses Jahres verschoben.

    Die damals Gewählten, wie Jochmann, haben daher eine recht kurze Amtsperiode. In einigen Monaten werden sie von den Studierenden abgelöst, die im Juni gewählt wurden. „Zunächst bin ich froh, dass wir die studentischen Wahlen ohne Komplikationen über die Bühne bringen konnten“, betont Jacob Preuß, Geschäftsführer des Stu­dieren­denrats der Universität, in Anbetracht der erneut gesunkenen Wahlbeteiligung. Alle FSRä konnten mit Kandidierenden besetzt werden. „Enttäuscht bin ich natürlich trotzdem“, sagt Preuß. Die Hoffnung sei gewesen, durch frühzeitige Kommunikation des Termins und des Prozedere mehr Menschen zur Wahl bringen zu können. Die niedrige Wahlbeteiligung führt er auch darauf zurück, dass zwischen den beiden studentischen auch die Online-Wahl für Senat und Fakultätsräte stattfand. Für ihn ist klar: Die alleinige Briefwahl sei nur für Krisenphasen ein angemessener Modus. Für 2022 hofft er wieder auf „gemeinsame Urnenwahlen mit deutlich zweistelligen Wahlbeteiligungen“.

    Ein besonderes Phänomen der niedrigen Wahlbeteiligung ist, dass in einigen der 32 FSRä gleich viele Wähler*innen wie Gewählte existieren. In den FSR Soziologie etwa wurden fünf Personen gewählt, ebensoviele gingen wählen. Dasselbe gilt für den FSR Geschichte und den FSR Theaterwissenschaft (je neun Personen) und Kulturwissenschaften (drei Personen).

    Die höchste Wahlbeteiligung konnte der FSR Po­litikwissenschaft verzeichnen. Preuß führt deren Erfolg vor allem auf ihre Social-Media-Präsenz zurück. Jochmann sieht in den kleinen Studiengängen eher direkten Kontakt als Erfolgsrezept. „Man muss die Leute persönlich ansprechen und sich ein wenig dahinterklemmen“, sagt er. Einen Post auf Social Media würden die Leute lesen, aber schnell wieder vergessen.

    Er selbst ist diese Wahl zwar nicht mehr angetreten, ist aber seit 2019 im FSR Archäologie und hat seine Höhen und Tiefen miterlebt. „Während Corona haben viele aufgehört oder sind weggezogen“, erzählt er. Anfang des Jahres waren sie nur noch zu zweit. Die Krise betrifft demnach alle Seiten. „Es braucht nicht nur Leute, die wählen, sondern auch welche, die sich wählen lassen“, sagt der 25-Jährige. Er steckte seine Ressourcen erfolgreich in die Rekrutierung von Erstsemestern für die Arbeit des FSR. Die Pläne von Jochmanns neu besetztem FSR klingen daher nun so hoffnungsvoll, als wäre die Coronakrise überwunden: Die Website wird neu gemacht, Ersti-Veranstaltungen werden geplant und neue Professor*innen interviewt, um sie den Studierenden vorzustellen. Nur das Sommerfest muss erstmal warten.

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