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  • Intervalle ballern im Clara-Zetkin-Park

    Seit zwei Jahren ziehen die wöchentlichen Lauftreffs der Kraft Runners Leipzig viele Laufbegeisterte an. In der Sommerausgabe stellten wir die Frage: Was macht die Community aus?

    Wenn euch die Radfahrer anpöbeln, lächelt das einfach weg“, ruft Fides Berkel in die Runde. Es haben sich etwa 150 Personen an diesem Dienstagabend im Clara-Zetkin-Park um sie herum versammelt, weil das wöchentliche Kraft-Runners-Training ansteht. Die Gruppe nimmt tatsächlich so viel Platz ein, dass es für Vorbeifahrende eng werden könnte: Die Läufer*innen füllen beinahe den gesamten Gehweg am Rande des Teiches mit der Schwimmfontäne aus. Nachdem sie sich in Reihen aufgestellt haben, leitet Berkel durch das Lauf-ABC: Anfersen, Skippings, Kniehebe- und Hopserlauf. Sie ist eine der zwei Kraft Ambassadors, die die Initiative in Leipzig repräsentieren. Ihre Mitstreiterin Annemarie Weise baut am Ufer derweil eine riesige Musikbox auf.

    Die Kraft Runners verstehen sich als Lauf-Community, die allen offensteht – unabhängig von Lauferfahrung oder Fitness. „Gute Laune“ sei die einzige Voraussetzung, um am Training teilzunehmen, heißt es auf ihrer Webseite. Weiter: „Wir glauben daran, dass sich jede*r der oder die sich dazugehörig fühlt, bereits ein Teil unserer Community ist.“ Mittlerweile sind sie in zehn deutschen Städten vertreten. In Österreich gibt es Kraft Communities in Innsbruck und Wien und auch im US-amerikanischen Newport Beach trifft man sich dienstags zum Lauftraining. Weitere Standorte sind geplant: Auf Instagram veröffentlichten die Kraft Runners im April einen Bewerbungsaufruf für neue Ambassadors (bedeutet so viel wie Botschafter*in, Anm. d. Red.).

    Die Marke dahinter

    In Leipzig leiten Annemarie Weise und Fides Berkel durch die wöchentlichen Trainings, die sogenannten Kraft Tuesdays. Die Kraft Ambassadors verdienen kein Geld und die Trainingseinheiten sind allen offen und kostenlos zugänglich – doch hinter der Marke steckt trotzdem auch ein Verkaufsgedanke. Es existieren zwei GmbHs mit Sitz in Berlin, deren Geschäfte von Eugen Schiller geführt werden. Laut Handelsregistereintrag dient die KRAFT events & trainings GmbH unter anderem dem Projekt- & Eventmanangement, Content Creation und Brand Partnerships.

    Die KRAFT creative studio GmbH dient im Grunde denselben Zwecken, auch der Online-Vertrieb von Lifestyle- und Sportbekleidung und digitalen Produkten wird erwähnt. In die Webseite ist dementsprechend ein Shop eingebaut, über den zum Beispiel Socken, Kaffee, Trikots und Becher erworben werden können. Ein Longsleeve-Trainingsshirt kostet momentan 89 Euro, das halbe Kilogramm Espresso rund 20. Außerdem bieten die Kraft Runners digitale Produkte wie Trainingspläne für verschiedene Distanzen an.

    Von null auf hundert

    Nach der Erwärmung steht im Clara-Zetkin-Park Intervalltraining auf der Agenda. Das bedeutet: vier schnelle Runden um den Teich – insgesamt etwa 1,6 Kilometer – und dann eine Runde in einem langsamen Tempo, um sich von der Belastung zu erholen. Manche treffen sich in Freundesgruppen beim Training, laufen gemeinsam und unterhalten sich. Andere laufen allein und bleiben für sich. Begleitet werden die Läufer*innen von lauter House-Musik, die aus der Musikbox dröhnt. Berkel und Weise laufen immer wieder ein wenig mit, stehen dann aber wieder am Rand der Strecke und feuern lautstark die Gruppe an. Die meisten Läufer*innen lassen sich von Musik und Community-Atmosphäre anstecken und laufen bis zum Schluss durch.

    Wer eine Pause braucht, bewegt sich kurz etwas weiter zum Rand und geht vielleicht ein Stück. Weil die Gruppe den immer selben Teich umrundet, behalten sie dennoch den Anschluss zur Gruppe. Nicht nur das Tempo legt jede*r Läufer*in für sich selbst fest. Einer der Trainierenden erzählt, ihm gefalle an den Kraft Runners besonders die Flexibilität des Angebots, weil er innerhalb Deutschlands viel unterwegs sei. Manchmal laufe er in Leipzig mit, dann wieder in Berlin oder Köln.

    Leipzig läuft

    Am achten April posieren die verschwitzt-keuchenden Läufer*innen nach einem erfolgreich absolvierten Training gerade für ein abschließendes Gruppenfoto, als ein Wagen der städtischen Polizeibehörde vor der Truppe hält. Berkel und Weise sprechen mit den Beamten. Es geht darum, dass die Kraft Runners perspektivisch eine Sondernutzungserlaubnis beantragen könnten. Einem Sprecher der Stadt zufolge liegen dem Ordnungsamt zwei Beschwerden über laute Musik aus dem laufenden Kalenderjahr vor. Mittlerweile sei den Kraft Runners eine zwischenzeitliche Sondernutzungserlaubnis erteilt worden, bestätigt er.

    Nicht nur die Kraft Runners haben in den letzten Jahren den Laufsport geprägt. „Generell haben der Laufsport und das Bewegen an der frischen Luft nach Corona deutlich zugenommen“, teilt Stefan Friedrich, der Pressesprecher des Leipzig Marathons, mit. Das Event verzeichnete in diesem Jahr einen neuen Teilnahmerekord. Von rund 12.600 angemeldeten Sportler*innen seien etwa 10.400 Personen tatsächlich angetreten, verteilt auf die sechs verschiedenen Wettkampfkategorien von Kinderlauf bis Marathon. Laut ihm sind kommerzielle Angebote, Kampagnen von Krankenkassen und auch private Initiativen eine Bereicherung für die Leipziger Lauf-Community – auch die Kraft Runners.

     

    Fotos: Anna Clasen

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