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  • Erneuter Anlauf in Richtung Exzellenz

    Die Universität Leipzig bewirbt sich mit zwei Forschungsprojekten im Exzellenzwettbewerb – und landet einen Treffer. Es gibt Jubel über den Erfolg und Kritik am System.

    Erneut hat die Universität Leipzig am Wettbewerb der Exzellenzstrategie teilgenommen und die begehrte Förderung mit zwei Projekten angestrebt. Bereits 2017 hatte sie das Projekt Adipositas verstehen unter der Leitung von Matthias Blüher eingereicht – schaffte es aber nicht in die finale Auswahl. Am Ende wurden nur 57 Exzellenzcluster ausgewählt und Leipzig gehörte zu den sieben Hochschulen, die dabei leer ausgingen.

    Nun hat die Universität Leipzig einen neuen Versuch gewagt: Mit den Projekten Breathing Nature und Leipzig Center of Metabolism ist sie erneut in den Wettbewerb um die Exzellenzcluster eingetreten. Ziel war es, sich nach der Förderung der Cluster auch als Exzellenzuniversität zu bewerben – und damit langfristig von einer internationalen und nationalen finanziellen Unterstützung zu profitieren, die mit diesem Status verbunden ist.

    Was ist eigentlich die Exzellenzstrategie?

    Die Exzellenzstrategie ist ein Förderprogramm des Bundes und der Länder, welches die Spitzenforschung an deutschen Universitäten voranbringen soll. Sie besteht aus zwei Förderlinien: Exzellenzcluster und Exzellenzuniversitäten. Laut Bundesamt für Bildung und Forschung wurde das Programm 2017 ins Leben gerufen, um Forschung auf höchstem Niveau zu fördern und die Universitäten im internationalen Wettbewerb zu stärken. Dafür werden derzeit jährlich 533 Millionen Euro bereitgestellt, ab 2026 soll der Betrag auf 687 Millionen Euro steigen.

    Exzellenzcluster sind fachlich spezialisierte Forschungsprojekte, die für sieben Jahre gefördert werden und in diesem Zeitraum herausragende wissenschaftliche Erkenntnisse liefern sollen. Die Finanzierung soll sicherstellen, dass führende Wissenschaftler*innen in ihren Bereichen zusammenarbeiten, Nachwuchswissenschaftler*innen ausgebildet und internationale Spitzenkräfte angezogen werden. Es gibt derzeit 57 Cluster an 34 deutschen Universitäten, die durch die Exzellenzstrategie unterstützt werden. Exzellenzuniversitäten können Hochschulen werden, die mindestens zwei Exzellenzcluster vorweisen können.

    Wer entscheidet über die Anträge?

    Die Entscheidung über die Förderung trifft die sogenannte Exzellenzkommission. Sie setzt sich aus führenden Persönlichkeiten der Wissenschaft und Politik zusammen. Zunächst begutachten die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftsrat alle eingereichten Anträge in einem mehrstufigen Verfahren. Dabei werden wissenschaftliche Qualität, Innovationspotenzial und Umsetzbarkeit geprüft. Unterstützt werden sie von einem internationalen Expertengremium, das Empfehlungen ausspricht. Auf dieser Grundlage fällt die Exzellenzkommission schließlich die Auswahl der Exzellenzcluster und -universitäten.

    Exzellenz nur im Westen?

    Seit Januar 2019 werden zehn Universitäten und ein Universitätsverbund gefördert –darunter nur eine ostdeutsche Hochschule: die Technische Universität Dresden. Neben ihr zählen unter anderem die Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), die Universität Heidelberg oder das Karlsruher Institut für Technologie zum exklusiven Kreis. Die Universität Leipzig gehörte bislang nicht dazu. „Tragisch ist, dass die Universität Leipzig eine der ganz wenigen verbleibenden großen Universitäten ist, die seit geraumer Zeit nicht bei der Exzellenzstrategie erfolgreich waren“, sagt Johannes Quaas, Sprecher der Breathing Nature-Initiative.

    Mit diesen zwei wissenschaftlichen Projekten wollte die Universität Leipzig diesmal überzeugen:

    1. Leipzig Center of Metabolism

    Unter der Leitung von Michael Stumvoll soll ein klinisches Forschungszentrum entstehen, das Stoffwechselstörungen wie Diabetes, Fettleber oder bestimmte Krebsarten untersucht – in enger Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum, dem Herzzentrum Leipzig sowie mehreren außeruniversitären Forschungsinstituten. Es sollen gezielt individuelle Therapien entwickelt werden, die auf konkrete Stoffwechselveränderungen zugeschnitten sind.

    1. Breathing Nature

    Im Fokus dieses Projekts stehen die Wechselwirkungen zwischen Biodiversität, Klima und menschlichem Verhalten. Mit modernen Methoden wie KI und Simulationen sollen komplexe Zusammenhänge zwischen Natur und Gesellschaft erforscht werden. Koordiniert wird das Projekt von Johannes Quaas, in Kooperation mit fünf großen Forschungsinstituten und der Universität Jena.

    „Engagement für zukunftsrelevante Themen“

    Quaas betont die Bedeutung der Förderung: „Die Universitäten haben durch die Exzellenzstrategie die Möglichkeit, bezüglich ihrer konkreten Forschungsthemen besonders bedeutend wahrgenommen zu werden – auch im Unterschied zu außeruniversitären Instituten, die sehr gut ausgestattet sind.“ Umso wichtiger sei der bisherige Teilerfolg: „Ende Januar 2024 hatten wir zum Glück das erfreuliche Ergebnis, dass wir die schwierige Skizzenphase überstanden haben und zum Vorantrag eingeladen worden sind.“

    Vor der Entscheidung am 22. Mai hat sich Quaas optimistisch gezeigt: „In unserem Bereich Wechselwirkung und Biodiversität sind wir eigentlich die Einzigen. Letztendlich weiß man aber nie, was sich die Gutachter*innen wirklich gedacht haben.“ Laut Quaas würde eine erfolgreiche Bewerbung große Vorteile mit sich bringen: „Wir würden besonders attraktiv für neue Studierende. Auch die Bevölkerung würde wahrnehmen, dass die Universität sich für zukunftsrelevante Themen engagiert. In Forschung und Lehre hätte das eine große Auswirkung.“

    Chancenungleichheit und hoher Aufwand

    Trotz der Hoffnung auf Erfolg sehen Viele das Förderprogramm kritisch. Besonders der Freie Zusammenschluss von Student*innenschaften (fzs) spricht von negativen Auswirkungen durch ungleiche Bedingungen. „Das Ganze führt eben dazu, dass einzelne Hochschulen finanziell überdurchschnittlich ausgestattet sind. Andere dafür umso schlechter“, sagt Emmi Kraft, Vorstandsmitglied vom fzs.

    Diese Unterschiede zeigen sich laut Kraft im Studienalltag: „In einigen Hochschulen ist es so, dass Student*innen jedes Semester erneut im Hörsaal oder während eines Seminars auf dem Boden sitzen müssen, weil es nicht genügend Räumlichkeiten gibt.“ Zudem sei der Aufwand für die Exzellenzbewerbungen sehr hoch. Die Anträge kosten viel Zeit und Energie – die fehle wiederum an anderen Stellen. „Die Verantwortung der Universitäten ist nur damit beschäftigt, alles möglichst exzellent zu machen und kümmert sich kaum um Studienbedingungen“, meint Kraft.

    Zwischen Seminarraum-Boden und Elite

    Ein weiterer Kritikpunkt ist die Entwicklung hin zu „Elite-Universitäten“. Gerade Unis wie die LMU würden das Ziel verfolgen, sich stärker international zu positionieren und hätten begonnen, spezielle Programme für internationale Studierende anzubieten – teilweise mit einem hohen Preis. Das sei problematisch, da es zu einer elitären Hochschullandschaft führen könnte, woraus eine Zweiklassenbildung unter den Hochschulen resultiere.

    „Die Exzellenzstrategie kommt aus einem kapitalistischen Wettbewerbsdenken und stellt Hochschulen wie Unternehmen dar. Bildung sollte aber nicht nach Leistungsdenken ausgerichtet sein, sondern allen zugänglich bleiben“, so Kraft. Außerdem brauche es mehr Förderung in Bereichen wie Sozial- oder Geisteswissenschaften. „Gerade in diesen Zeiten müssen wir uns damit beschäftigen, wie wir unsere Demokratie erhalten können“, sagt Kraft.

    Erfolg und Enttäuschung

    Am 22. Mai 2025 wurde bekannt: Die Universität Leipzig erhält mit dem Forschungsprojekt Leipzig Center of Metabolism erstmals in ihrer Geschichte ein Exzellenzcluster. Das zweite eingereichte Projekt, Breathing Nature, blieb erfolglos – damit ist auch die Voraussetzung für eine Bewerbung als Exzellenzuniversität nicht mehr gegeben. Johannes Quaas, Leiter von Breathing Nature teilt im Hinblick auf das Ergebnis mit: „Wir sind alle ziemlich enttäuscht. Die geplanten Arbeiten sind für Wissenschaft und Gesellschaft aus unserer Sicht wichtig. Alle Beteiligten haben wirklich ihr Bestes gegeben. Jetzt müssen wir versuchen, den Optimismus wiederzugewinnen und die Ideen weiter zu verfolgen.“

    Rektorin Eva Inés Obergfell sprach nach der Entscheidung von einem „historischen Moment“ für die Universität – aber auch von einer „bitteren Enttäuschung“ für die nicht geförderte Initiative. „Das ist historisch, weil diese Universität erstmals ein Exzellenzcluster bekommen hat“, sagt Obergfell. Das bewilligte Cluster sei nicht nur ein großes Forschungsprojekt, sondern auch ein „Label, das zeigt: Hier in Leipzig findet Spitzenforschung statt“. Die Rektorin betonte zugleich das hohe Engagement aller Beteiligten: „Alle haben wahnsinnig hart gearbeitet – nicht nur ein paar Wochen, sondern Jahre.“ Auch die nicht geförderten Wissenschaftler*innen hätten „Spitzenforschung geleistet“ und würden weiterhin unterstützt: „Wir versuchen nun, für die Inhalte andere Drittmittel zu bekommen.“

    Mit Blick auf die Zukunft zeigte sich die Universität entschlossen: Auch wenn der Traum von der Bewerbung zur Exzellenzuniversität vorerst vertagt ist – „wir peilen die nächste Chance an“, so die Rektorin. „In sieben Jahren wollen wir weitere Cluster einwerben und dann erneut auf den Status einer Exzellenzuniversität hinarbeiten.“

    Titelbild: ac

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