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  • „Mit Begeisterungsfähigkeit und Neugier“

    Die neue Rektorin Eva Inés Obergfell hat viel mit der Uni Leipzig vor. In der Juni-Ausgabe sprach luhze mit ihr im Interview.

    Seit April dieses Jahres ist Eva Inés Obergfell neue Rektorin der Universität Leipzig. Im Plan für ihre fünfjährige Amtszeit setzt sie insbesondere auf Exzellenz. Im Gespräch mit luhze-Redakteurin Adefunmi Olanigan erzählt die gelernte Ju­ristin, welche Be­deu­tung der Begriff für sie hat und wie sie ihn etablieren möchte.

    luhze: Welche Rolle hat die Universität für Sie in der Gesellschaft?
    Obergfell: Generell hat die Universität die Verantwortung, Impulsgeberin zu sein und mitzugestalten, mitzudisk­u­tie­ren und Lösungs­ansätze bereit­zustellen. Mit der Stadt­ge­sellschaft, Wirtschaft und Politik in Austausch zu gehen, ist unser Anspruch. Und am besten di­rekt hier, im Au­gusteum, einem Ort mitten in der Stadt, der frei zugänglich ist und wo wir dann auch hoffentlich nachhaltig etwas bewirken können.

    Was ist Ihre Vision für die Universität Leipzig?
    Ich stelle mir eine große, vielfältige, forschungsstarke und lebendige Volluniversität vor, inmitten einer ebenso le­ben­digen Stadtgesellschaft. Eine Universität, die nicht nur das Marktgängige macht, sondern auch dem Erkenntniswillen unserer exzellenten Köpfe Raum gibt. Das heißt auch, kleine Fächer zu fördern. Dabei geht es um Forschungsthemen, die heute noch nicht in der großen Öffentlichkeit stehen, aber um die sich vielleicht morgen und übermorgen alles dreht. Natürlich stelle ich mir auch eine exzellente Universität vor, Ex­zellenz im Sinne einerseits eines Titels (Anmerkung der Redaktion: Der Titel zur Exzellenzuniversität wird im Rahmen eins Förderprogramms von Bund und Ländern kompetitiv vergeben. Voraussetzung dafür ist, dass die Universitäten zunächst mindestens zwei Exzellenzcluster, eine Förderung für Großforschungsprojekte von hoher Qualität, für sich gewinnen können.), aber auch darüberhinausgehend eine, die immer wieder versucht, exzellente Rah­men­bedingungen zu schaffen und die sowohl exzellente Köpfe hat, als auch anzieht.

    Der Begriff Exzellenz taucht vielfach in ihrer Zielnennung auf. Was bedeutet er für Sie?
    Exzellenz zu definieren ist ungefähr so leicht oder schwer, wie Gerechtigkeit zu definieren. Aber für mich bedeutet Exzellenz, Begeisterung mit dem höchsten Anspruch für Qualität in der Wissenschaft zu verbinden und Lehre mit Erkenntnissuche und Erfindergeist.

    Welchen Spielraum haben Sie im Rektorat, das zu fördern?
    Je nach Betrachtungsweise einen ganz weiten oder ganz geringen. Bezüglich Dauer­an­stellungen exis­­tieren Gren­zen, bedingt durch die Ressourcen, das Budget und die Fülle an Aufgaben, die wir damit erfüllen wollen. Für andere Aspekte ist der Spielraum aber wieder sehr groß. Was ich machen kann, ist hohe Qualität durch Koo­perationen und in­haltliche Ver­bünde zu fördern. Ich möchte dafür begeistern, am Exzel­lenzwettbewerb teilzu­neh­men. Das führt zu exzellenter Lehre mit einem Studienange­bot, das am Puls der Zeit liegt und aktuellste Forschungserge­bnis­se direkt mit einspeist.

    Welche Bedeutung hat für Sie persönlich die Uni Leipzig?
    Wir sind die größte Bildungs­einrichtung in der Region. Ganz persönlich gesprochen ist für mich das Schönste an der Universität, dass dort immer wieder junge Men­schen, unsere Zukunft, mit ihren frischen Ideen studieren und wissen­schaftlich gebildet wer­den und man sogar am Entstehen von neuen Dis­ziplinen teilhaben kann.
    Welche Prägungen und Er­fahrungen bringen Sie als Rektorin mit?
    Ich bringe mich voll und ganz als Person ein mit meiner Be­geis­terungsfähigkeit und Neu­­­gier. Ich kann mir kaum vor­stellen, dass mir irgend­jemand an der Universität von einem Thema berichtet, das mich so gar nicht interessiert. Praktisch gesprochen bringe ich gerade auch meine Expertise aus meiner Präsidiums­erfa­hrung an der Humboldt-Universität zu Berlin ein, eine Zeit, die sehr debattenreich war. Und ich bringe auch meine Erfahrung als Rechtswissen­scha­­ft­lerin­ ein. Ich war immer sehr gerne Forscherin und dieses For­scher­herz werde ich auch nicht aufgeben. Ich bringe meine Erfahrung aus un­ter­schied­lichen Universitäts­stan­dorten ein. Be­sonders geprägt hat mich die Universität Konstanz, an der ich promoviert wurde und habilitiert habe. Und nicht zuletzt ist mir die Uni un­vergessen, weil ich dort die Möglichkeit hatte, mit­tags im Bodensee schwim­men zu ge­hen. Auch meine Perspektive aus dem Ausland bringe ich ein.: Auslands­aufenthalte sind aus meiner Sicht elementar für uns an der Universität.

    Einer der Forschungsschwerpunkt an der Uni Leipzig ist Nachhaltigkeit, aber interne Veränderungsprozesse sind oft studentisch angetrieben. Wa­rum gibt es kein Prorektorat für Nachhaltigkeit?
    Das gibt es, es heißt nur nicht so: Das Prorektorat Campus­entwi­­cklung beschäftigt sich un­ter anderem mit Bauvor­haben, Digitalisierung und Nach­­­haltigkeit. Ich begrüße die nachhaltigen Initiativen am Campus sehr. Gleichzeitig ha­ben wir Nachhaltigkeit im Hoch­­schul­entwicklungsplan als Quer­schnittsthema. Wir werden über Strategien nach­denken, wie und wo wir ganz praktisch, in Abstimmung mit der Kanzlerin, grüner werden müssen und wollen. Es gibt aber auch Grenzen. Ein Bei­spiel: Generell zu sagen, dass es für Dienstreisen keine Flüge mehr gibt, träfe am meisten den wissen­schaft­lichen Nach­wuchs. Dieser ist darauf an­ge­wiesen, an inter­nationalen Ta­gungen teil­zu­nehmen, um sich dort zu ver­netzen. Wir müssen sorgsam abwägen, um nicht ein Problem zu lösen, aber dabei fünf neue zu schaffen. Das Ziel, für Nachhaltigkeit zu sorgen und aus unserer Klimafor­schung hier an der Universität Leipzig heraus auch die Schlüsse für uns selbst an der Universität zu ziehen, ist für mich ganz klar.

    Foto: Greta Ridder

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