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    Es gibt an der Universität Leipzig eine Textsammlung zu Geschlecht und Identität, die nach wissenschaftlichen Kriterien kuratiert wird – und alle können mitmachen.

    Wieder Familienessen mit dem Onkel und wieder anstrengende Gespräche, in denen versucht wird, die Diversität von Gender, Identität und Sexualität abzustreiten. Mensch stößt auf taube Ohren und auf das Problem, dass ständig fundierte und wissenschaftliche Beweise für die eigenen Argumente gefordert werden. Eine mögliche Quelle, die sich auch auf einer kurzen Toilettenpause vom Handy aus abrufen lässt, ist das Gender Glossar der Universität Leipzig.

    Die Idee des Glossars: Eine leicht zugängliche Sammlung von Texten zu Gender und Identität zu schaffen, die akademischen Richtlinien entsprechen und dadurch eine gesicherte Quelle darstellen. Das Gender Glossar gibt es an der Uni Leipzig seit 2010, als Barbara Drinck ihre Professur für Schulpädagogik in Leipzig erhielt. Drinck hat das Glossar bereits 2003 als „Projekt Glossar Geschlechterforschung“ an der Freien Universität Berlin gestartet. Es sollte zu diesem Zeitpunkt eine zitierfähige Onlinequelle für den akademischen Kontext bilden. Ab 2012 begann die Neugestaltung des Glossars in Leipzig, zusammen mit Ilse Nagelschmid, damals Professorin für neuere deutsche Literatur und Leiterin des Zentrums für Frauen und Geschlechterforschung. 2013 erschien es in neuer Form online. Seit 2021 wird es von einem Team bestehend aus Makhabbat Kenzhegaliyeva, Georg Biegholdt, Sybille Reech und Nico Leonhardt betreut.

    Das Gender Glossar ist darauf angewiesen, dass Autor*innen ihnen Artikel oder Ideen zusenden. Das Betreuungsteam prüft die Zusendungen in einem ersten Schritt auf Leserlichkeit und offensichtliche Widersprüche. Nach der ersten Prüfung werden die Texte anonymisiert an externe Lektor*innen zur inhaltlichen Überprüfung weitergegeben. Gibt es positives Feedback, kann der Artikel veröffentlicht werden. Wenn nicht, wird das Feedback anonymisiert zurück an die Autor*in gesendet, bis der Artikel veröffent­licht werden kann. Dann erscheint der Artikel auf der Webseite des Gender Glossars und ist über das Online-Archiv abrufbar. Aktuell versucht das Team außerdem, die Artikel und das Archiv in leichter Sprache und mit kurzen Zusammenfassungen barriereärmer zu gestalten.

    Sibylle Reech erklärt im Gespräch, dass grundsätzlich jede Einsendung angenommen wird, die die formalen Ansprüche erfüllt. Bisher kommen vor allem Einsendungen von Studierenden und Forschenden. Es gebe auch die Möglichkeit, die Autor*innenschaft auf Schüler*innen auszuweiten.
    Die Thematiken sind ebenso vielseitig wie die Aspekte von Gender und Identität. So ist von feministischem Protest bis zu Geschlechter-Normen im Sport alles möglich. Zwar ist das Gender Glossar aufgrund der Professur von Barbara Drinck im Lehrstuhl der Erziehungswissenschaften angesiedelt, aber das Projekt ist interdisziplinär angelegt. „Ich denke, dass das Thema als Querschnittsthema natürlich präsent ist und auch präsent sein muss“, betont Reech. Deshalb handelt es sich bei den Lektor*innen auch um Akade­miker*innen aus verschiedenen Disziplinen, die anhand ihrer spezifischen Arbeitsfelder rund um Gender und Identität ausgewählt werden.

    Das Gender Glossar hat zwei grundlegende Begrenzungen: Die akademisch gesetzten Richtlinien und die Kapazitäten des Betreuungsteams. Dieses betreut das Glossar nämlich unbezahlt und neben ihren Haupttätigkeiten. Während das Glossar bisher durch die Mittel von Barbara Drinck finanziert werden konnte, sei die Frage der weiteren Finanzierung aktuell offen. Das begrenze die Publikationsmenge, das öffentliche Auftreten und damit auch die Verbreitung der zur Verfügung gestellten Informationen, erklärt Reech.

    Das Gender Glossar der Uni Leipzig ist aber nicht nur auf Gelder und Kapazitäten für die Publikation angewiesen, sondern auch auf Einsendungen von Studierenden – für eine Bereicherung des wissenschaftlichen Diskurses und darüber hinaus.

    Titelbild: Bildschirmfoto von https://www.gender-glossar.de/glossar

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