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  • Bafög-Bedarfssatz muss vor Bundesverfassungsgericht: Geburtstag vor Gericht

    Studierende haben vor dem Bundesverwaltungsgericht für eine Reform des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (Bafög) demonstriert. Anlass war eine Klage über zu niedrige Bedarfssätze.

    Im Rahmen der bundesweiten Kampagne „50 Jahre Bafög – (k)ein Grund zu feiern“ haben der Freie Zusammenschluss von Studierendenschaften (FZS), die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften und die Studierendenräte (Sturä) der Universität sowie der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig zu einer Kundgebung aufgerufen. Etwa 20 Teilnehmer*innen versammelten sich vor dem Bundesverwaltungsgericht – eine Stunde bevor dort eine Revisionsverhandlung über die Frage begann, ob die Bafög-Bedarfssätze zu niedrig und damit verfassungswidrig sind.

    Das Bundesverwaltungsgericht entschied am Nachmittag, den Bafög-Bedarfssatz von Oktober 2014 bis Februar 2015 dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Für diesen Zeitraum hatte die Klägerin geklagt. „Nach Überzeugung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Festlegung des Bedarfssatzes im Zeitraum von Oktober 2014 bis Februar 2015 mit dem verfassungsrechtlichen Teilhaberecht auf gleichberechtigten Zugang zu staatlichen Ausbildungsangeboten nicht vereinbar“, schreiben die Richter*innen in einer Pressemittelung. Das Bundesverwaltungsgericht kann selbst keine Verfassungswidrigkeit feststellen.

    Der Anwalt Joachim Schaller, der die Klägerin vertritt, sprach auf der Kundgebung von „Armutsbedarfssätzen“ und argumentierte unter anderem, dass bei der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks eine systematische Untererfassung der Ausgaben Studierender erfolge. Er forderte eine Generalreform des Bafög und empfahl der klagenden Studentin im Falle einer Ablehnung durch das Bundesverwaltungsgericht, eine Verfassungsbeschwerde einzureichen.

    „Ich war überrascht, dass es ein Existenzminimum unter dem Existenzminimum gibt“, schloss sich die Sprecherin des HTWK-Stura und der KSS Sabine Giese an. Da die Studierendenvertreter*innen eine größere Versammlung wegen der Pandemie vermeiden wollten, seien sie in Vertretung aller anwesend, die unter den Förderbedingungen litten und etwa ihre Eltern, wenn diese es sich gar nicht leisten könnten, zur Zahlung von Unterhalt verklagen müssten.

    Auch Gieses Co-Sprecher Jonas Lück sieht die Existenz der Studierenden durch den Bafög-Halbkredit nicht gesichert, der die „Anhäufung eines Schuldenbergs“ nach sich ziehe. Zusätzlich treffe die Annahme nicht zu, dass Studierende im Gegenzug Aussichten auf gut bezahlte Jobs hätten. Dennoch werde erwartet, dass sie sich neben der 40-Stunden-Woche des Studiums „auch noch mit Billigjobs ihre Freizeit versauen“.

    In Pandemiezeiten sei ein weiteres Problem, dass viele Studierende keinen Anspruch auf die ausgezahlten Überbrückungshilfen gehabt hätten. Das sei damit begründet worden, dass ihre Notlage nicht pandemiebedingt gewesen sei, sondern bereits zuvor existiert habe, kritisierte FZS-Vorstandsmitglied Carlotta Kühnemann: „Was ist das denn für eine Argumentation?“

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