Rasen mähen und Miete sparen
In einer Zeit, in der Wohnraum knapp ist, bringt das Leipziger Studentenwerk ungewöhnliche Wohngemeinschaften zusammen – Gartenarbeit und transgenerationaler Austausch inklusive.
Anfang September war es auf sämtlichen Nachrichtenportalen zu lesen: Das Onlineportal Scout24, zu dem auch Immoscout24 gehört, verdrängt Porsche aus dem DAX, Deutschlands größtem Börsenindex. Mit Blick auf den angespannten Wohnungsmarkt könnte man auch sagen: Das Luxusgut Sportwagen wird vom Luxusgut Wohnen abgelöst.
Wer sich die Preisentwicklung auf Vergleichsportalen wie Immoscout24 anschaut, wird feststellen, dass die Kosten für ein WG-Zimmer in Leipzig in den zurückliegenden Jahren stark gestiegen sind – im zurückliegenden Jahr etwa um 9,2 Prozent. Inzwischen kostet ein WG-Zimmer hier durchschnittlich 400 Euro.
„Die hohen Mieten sind das eine“, erklärt Zughrofiyatun Najah, PhD-Studentin am Orientalischen Institut Leipzig. Das andere seien die bürokratischen Herausforderungen, so Najah weiter. Die 35-Jährige plant, über die nächsten vier Jahre in Leipzig zu leben und zu forschen. Und natürlich auch: zu wohnen. Das aber, so berichtet Najah, habe sich von Beginn an schwer gestaltet. Auf dem „normalen“ Wohnungsmarkt habe sie keine Chance gehabt. Früh habe sie sich deshalb nach Alternativen umgesehen und sei so auf das Angebot von Raumteiler aufmerksam geworden.
Raumteiler ist ein Wohnprojekt des Studentenwerks. Es soll Privatpersonen mit freiem Wohnraum und studentische Wohnungssuchende zusammenbringen. So weit, so normal, könnte man denken. Raumteiler aber unterscheidet sich dahingehend von gewöhnlichen Mietverhältnissen, dass die Mietkosten durch Unterstützungstätigkeiten im Haushalt reduziert werden können. Wer seine*n Vermieter*in also beispielsweise bei der Gartenarbeit oder dem Wocheneinkauf unterstützt, kann aktiv an der Reduktion seiner Mietkosten mitwirken. „Je nach Modell können wir so Zimmer anbieten, die deutlich unter dem durchschnittlichen Mietpreis liegen“, erklärt Celina Bohmann, Projektkoordinatorin von Raumteiler. Wichtig sei nur, dass die Unterstützungstätigkeiten zumutbar seien und die Obergrenze von zehn Arbeitsstunden pro Woche nicht überschritten wird.
Raumteiler wurde im vergangenen Jahr ins Leben gerufen – „als Reaktion auf die langen Wartelisten für Wohnheimplätze“, erklärt Bohmann. Bis Mitte September dieses Jahres konnten insgesamt 17 Zimmer vermittelt werden. Sechs weitere Wohnraumpaare, so Bohmann, zögen noch in diesem Monat zusammen. Sie wünsche sich, dass das Angebot weiter wachse. „Über Raumteiler können wir Menschen verschiedener Generationen und Kulturen zusammenbringen“, erklärt sie.
„Den größten Vorteil von Raumteiler sehe ich im interkulturellen Austausch“, berichtet Zughrofiyatun Najah und bestätigt damit Bohmanns Wunsch. Seit Anfang September wohnt sie mit der Professorin einer Leipziger Hochschule zusammen. Trotz der kurzen Zeit des Zusammenlebens fühle sie sich schon sehr wohl. „Ich kann mir gut vorstellen, hier über die kompletten vier Jahre meines Ph.Ds zu bleiben“, erklärt die 35-Jährige.
Ob es das Projekt Raumteiler in vier Jahren noch geben wird, ist ungewiss: Es läuft vorerst bis 2026. Was danach passiere, könne Bohmann angesichts der derzeitigen Haushaltslage nicht sagen. „Fest steht aber: die bisher vermittelten Wohngemeinschaften bleiben auch unabhängig von Raumteiler bestehen“, sagt sie.
Fest steht auch, dass sich die Lage auf dem Leipziger Wohnungsmarkt auf absehbare Zeit nicht entspannen wird. Expert*innen prognostizieren für Leipzig in den nächsten 15 Jahren ein Bevölkerungswachstum von über zehn Prozent. Will man verhindern, dass Wohnen mehr und mehr zum Luxusgut wird, wird es kreative Lösungen wie Raumteiler brauchen.
Collage, von links: PhD-Studentin Zughrofiyatun Najah (Foto: Emin Hohl) & Projektkoordinatorin Celina Bohmann (Foto: Anne Schwerin)
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