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    Schon mehr als eine Million Exemplare hat Leipzigs unabhängige Hochschulzeitung nun auf dem Buckel. Wie die Zeitung gegründet wurde und wie sie sich in 25 Jahren entwickelt hat.

    „Die Uni braucht uns!“ heißt es in der „Gefasel“-Spalte der allerersten Ausgabe von student!. Damit begann vor 25 Jahren der Weg einer unabhängigen Hochschulzeitung in Leipzig. Im Jahr 2000 gründeten sieben Journalistik-Studierende das Hochschulblatt. Doch was braucht man, um eine Zeitung zu gründen? „Ehrlicherweise eine Mischung aus völliger Unbekümmertheit, ein bisschen Größenwahn und viel Sendungsbewusstsein“, erzählt Anne Vetter, die seit der zweiten Ausgabe Teil der student!-Redaktion war. Das Internet, das diese Frage binnen weniger Sekunden hätte beantworten können, gab es noch nicht. So legten die Gründer*innen, die nebenbei noch am Anfang ihres Studiums standen, einfach drauf los. Einige brachten ein paar Erfahrungen aus Praktika und freier Mitarbeit mit und so wurde die WG zweier Mitglieder spontan zum Redaktionsbüro. Von dort aus wurde zunächst der Verein student! als Herausgeber der Zeitung gegründet, ein Konzept mit Zielstellung erarbeitet und ein Redaktionsstatut aufgesetzt.

    Startschuss in Schwarz-Weiß

    Noch im November erschien schließlich die allererste Ausgabe – in schwarzweiß und bereits in zehntausendfacher Auflage. Den Druck übernahm zuerst die Druckerei der Leipziger Volkszeitung, das Geld für die Ausgaben streckten die Redaktionsmitglieder selbst vor. „Refinanzierung über Anzeigen war aber von Anfang an das Ziel“, berichtet Daniel Gatsche, der schließlich das Anzeigenressort ins Leben rief und Kooperationen eintütete, die es teilweise noch heute gibt, beispielsweise mit den „Bagel Brothers“.

    Inhaltlich sollte student! die Leipziger Medienlandschaft um eine Zeitung ergänzen, die von Studierenden für Studierende gemacht wird: „Gründlich recherchierte Beiträge zur Politik in und um die Universität und Hochschulen Leipzigs werden darin ebenso ihren Platz finden wie Artikel zum kulturellen Leben ihrer 25.000 Studenten“ heißt es im erarbeiteten Konzept. Vor allem solle die Zeitung aber Service bieten: „Wo werde ich für drei Mark satt? Wann ist das Rechenzentrum einmal nicht überfüllt? Was muss ich tun, um möglichst schnell aus meinem maroden Wohnheim ausziehen zu können?“ Dabei verstand sich student! von Anfang an als lokales Ausbildungsmedium, das jungen Medienmachenden unabhängig ihrer Studienrichtung die Chance geben wollte, sich journalistische Kenntnisse anzueignen.

    Wenig Geld, keine Druckerei

    Bereits mit der zweiten Ausgabe drohten die Träume zu zerplatzen. Als diese fertig und bereit für den Druck war, sprang die Druckerei der Leipziger Volkszeitung ab. Es musste kurzfristig eine neue Druckerei gefunden werden, die im gleichen Format druckte. Carl Ziegner, der den Vorstand für das erste Geschäftsjahr von student! zusammen mit Katrin Groeschel besetzte, telefonierte alle Druckereien im Umkreis ab und fand schließlich eine in Dresden. Da diese aber nur auf Hochglanzpapier druckte, wurde schnell klar, dass es im Vergleich zur ersten Ausgabe doppelt so teuer werden würde, student! zu drucken. So stritt die Redaktion, ob man erstmal aussetzen solle bis wieder Geld da sei. „Manche wollten, glaube ich, sogar ganz aufhören“, erinnert sich Daniel Schulz, der Leiter des Politikressorts bei student! wurde.

    „Carl war absolut gegen beides. Er sagte, wir müssten auf jeden Fall erscheinen, denn eine Zeitung, die gleich die zweite Ausgabe verschieben oder absagen muss, nähme niemand ernst.“ Doch es fehlten noch 3.000 Mark. Ziegner und Schulz wurden auf einen Nachwuchs-Journalist*innen-Wettbewerb aufmerksam und reichten eine Reportage ein. Und tatsächlich ereignete sich ein filmreifes Happy End: Ihr Text machte den dritten Platz, der mit einem Preisgeld von 3.000 Mark dotiert war. So erschien die zweite Ausgabe von student! wie geplant im Dezember 2000.

    Für die weiteren Ausgaben wurde eine Druckerei in Erfurt gefunden, die den Druck auf normalem Papier übernahm. „Das hieß aber beim damaligen Stand der Technik: Jedes Mal mussten zwei Leute mit Diskette in der Hand nach Erfurt fahren, beten, dass alles lesbar und ohne Formatierungsfehler war und anschließend nachts mit der gedruckten Zeitung wieder zurück“, erzählt Vetter. Gefahren wurde mit den Autos zweier Redaktionsmitglieder. „10.000 Exemplare pro Ausgabe, wenn man die in so einen roten Seat lädt, legt man den quasi tiefer“, berichtet Schulz.

    Die Einnahmen durch Anzeigen deckten etwa ab April 2001 alle Produktionskosten. Um das Geld, das die Redaktionsmitglieder zu Anfang selbst vorstreckten, zurückzuzahlen, entstand die Idee, Partys zu veranstalten. „Wir hatten schon die Rubrik Universitätsbands, dazu ein großes Werbeorgan und konnten ganzseitig unsere Partys bewerben“, erinnert sich Gatsche. Die Partys wurden ein Erfolg „und machten wahnsinnig viel Spaß“, erzählt er. Von 2001 bis 2004 konnte so genügend Geld erwirtschaftet und alle Schulden zurückgezahlt werden.

    Zwei Umzüge später

    Im Jahr 2001 zog die Redaktion auch aus dem WG-Zimmer in ihr erstes eigenes Büro: „Ein winziges Büro für rund 120 Mark im Monat.“ Der Ort: ein Gebäude am Anfang der Gottschedstraße. „Heute ist da unter anderem das „Twenty One“ drin“, berichten Schulz und Gatsche. Ein Jahr später seien sie dann in einen ähnlich kleinen Raum in der „Villa“ in die Lessingstraße umgezogen. Dort konnten die großen allgemeinen Räume für Redaktionskonferenzen mitgenutzt werden. Das größere Büro im zweiten Stock der „Villa“, das bis heute das Büro der Zeitung ist, wurde erst im Jahr 2009 bezogen.

    Während zur Gründung im Jahr 2000 noch im Konzept festgehalten wurde, dass student! im „klassischen schwarz-weiß“ gedruckt werde, war damit schon knapp zwei Jahre später Schluss. Im Oktober 2002 erschien die erste Farbausgabe. Der Blauton, der bis heute fester Bestandteil des Designs ist, entstand aber erst sechs Jahre später. Ebenfalls im Jahr 2002 ging student! mit einer eigenen Website online. Dort werden seitdem regelmäßig über die Printausgaben hinaus exklusive Artikel veröffentlicht.

    Aus student! wird luhze

    Über die Jahre kamen immer mehr Studierende aus anderen Fachrichtungen dazu und die Redaktionszusammensetzungen änderten sich stetig. Nicht nur Rubriken entwickelten sich mit der Zeit weiter, sondern auch ganze Ressorts wurden eingeführt. So kamen im Jahr 2011 beispielsweise „Leipzig“, „Sport“ und „Perspektive“ dazu und sind bis heute geblieben. Die Druckerei in Halle, die bis heute die Ausgaben auf Papier bringt, wurde 2013 gefunden.

    Etwa ein Jahr vor dem 20-jährigen Jubiläum wurde aus student! schließlich luhze. Eine Namensänderung, die alle anspricht und die aussagt, wer wir sind und was wir machen: luhze ist ein Akronym für Leipzigs unabhängige Hochschulzeitung.

    Bis vor kurzem wurden jährlich acht Ausgaben herausgebracht. „Es gibt somit schon Millionen gedruckte Exemplare“, überschlägt Gatsche. Und das, obwohl die Idee dieser unabhängigen Hochschulzeitung zu Beginn nicht von allen wertgeschätzt wurde: „Von der Institutsleitung wurde immer etwas abschätzig auf das Projekt geschaut“, erinnert sich Vetter. Ein Professor des Journalistik-Instituts habe während eines Seminars in der Universität vor den anderen Studierenden sogar student!-Texte und deren Verfasser*innen „auseinandergenommen“, fügt Schulz dazu. Das hat aber nichts daran geändert, dass luhze nach 25 Jahren noch immer am Start ist.

    Disclaimer: Am 18. Oktober feiern wir unseren 25. Geburtstag in der Garage Ost in Leipzig. Um 19 Uhr geht es los. Mit Sektempfang, tollen Musiker*innen aus Leipzig und Berlin und allem Drum und Dran. Kauf dir jetzt online Tickets für dich und deine Freund*innen und seid dabei!

     

    Grafik: ab

    Hochschuljournalismus wie dieser ist teuer. Dementsprechend schwierig ist es, eine unabhängige, ehrenamtlich betriebene Zeitung am Leben zu halten. Wir brauchen also eure Unterstützung: Schon für den Preis eines veganen Gerichts in der Mensa könnt ihr unabhängigen, jungen Journalismus für Studierende, Hochschulangehörige und alle anderen Leipziger*innen auf Steady unterstützen. Wir freuen uns über jeden Euro, der dazu beiträgt, luhze erscheinen zu lassen.

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