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  • „Das Interesse ist da, nur das Geld fehlt.“

    Auch das Universitätsorchester bleibt nicht verschont von Geldkürzungen, dennoch steckt all ihre Energie und Ressourcen in ihr bevorstehendes Konzert am 29. Juni rund um Komponistinnen.

    Das Leipziger Universitätsorchester (LUO) spielt seit über zwanzig Jahren unter anderem im Gewandhaus oder gemeinsam mit dem Orchester und Chor des MDR:  sie scheinen die „Hochkultur“ des Campus zu sein und dennoch werden ihnen von der Universität die Gelder gekürzt. Redakteurin Hannah Kattanek hat mit dem Violinisten und Verantwortlichen für Werbung des LUO Marius Drobisz und der Bratschistin und Beauftragten für Soziales Edna Brox gesprochen. Es geht um das LUO, ihr anstehendes Konzert am 29. Juni im Gewandhaus, aber auch ihre Geldsorgen.

    luhze: Ihr spielt einmal im Semester ein großes Konzert. So auch am 29. Juni im Gewandhaus. Was erwartet Zuhörer*innen bei diesem Konzert?

    Brox: Wir spielen ein Programm aus drei Stücken, die wir selbst gewählt haben. Zuerst spielen wir die Nocturne in Des-Dur von Morfydd Llwyn Owen, das ist eine walisische Komponistin. Danach kommt das Stück Roland Furieux von Augusta Holmés und dann die Sinfonie in fis-Moll von Dora Pejačević. Man merkt, wir spielen diesmal ausschließlich Werke von Komponistinnen. Und das sind auch alles Werke, die selten bis nie aufgeführt werden. Der Abend wird eine Möglichkeit, den Horizont zu erweitern.

    Drobisz: Viele werden sich denken: „Warum habe ich noch nie Komponistinnen gehört?“ Es ist schön, wenn Menschen auch diesen Denkanstoß mitnehmen und damit nach Hause gehen. Vielleicht hören oder spielen sie dann auch öfter Werke von Komponistinnen. Und ich freue mich einfach wahnsinnig, diese Sinfonie im Gewandhaus spielen zu dürfen und diese wahnsinnig vielfältige Musik zu präsentieren. In dem Stück gibt es viele Facetten.

    Wie ist euer Orchester strukturiert?

    Brox: Wir sind Teil der Unimusik (Die Unimusik koordiniert die musikalischen Ensembles der Universität Leipzig, Anmerkung d. Red.). Wir sind kein eigenständiger Verein und wir sind auch nicht selbst rechtsfähig. Wir werden durch die Unimusik vertreten und finden darüber statt. Als Organe gibt es einerseits den Vorstand und dann noch die Vollversammlung, die jedes Semester stattfindet und auf der der zehnköpfige Vorstand gewählt wird. Dort findet auch die Programmauswahl statt.

    Drobisz: Unser Orchester besteht aus 80 bis 90 Studierenden und ist demokratisch organisiert. Alle Entscheidungen werden transparent vom Vorstand oder dem Orchester getroffen. Der Vorstand kümmert sich um Organisatorisches und kommuniziert alle Entscheidungen an das Orchester.

    Wie wird man Orchestermitglied bei euch?

    Brox: Wenn man ins Orchester aufgenommen werden möchte, absolviert man ein Probespiel, bei dem auch Orchestermitglieder zuhören und im Anschluss über die Aufnahme entscheiden.

    Wie verlief euer Weg zum Orchester?

    Drobisz: Ich spiele schon lange Geige und es war immer ein wichtiges Hobby für mich. Als ich dann nach Leipzig gekommen bin, war für mich klar, dass ich gerne ins Orchester möchte. Ich habe dann vor dem ersten Semester das Probespiel absolviert und bin direkt reingekommen ins Orchester.

    Brox: Ich kannte schon Leute aus dem Orchester, war bei einem Konzert und hatte dann mega Lust dabei zu sein. Ein großer Motivationspunkt war neben der Musik auch der soziale Raum. Mir persönlich hat es total geholfen, Anschluss in der Stadt zu finden.

    Auch wenn ihr alle ehrenamtlich für das Orchester arbeitet, fallen trotzdem Kosten an. Wofür denn zum Beispiel?

    Drobisz: Genau, der Einzige, der bezahlt wird, ist unser Dirigent Daniel Seonggeun Kim, da er am meisten Verantwortung hat und die Mitglieder zusammenhalten muss. Er wird von der Unimusik bezahlt. Alle anderen musizieren ehrenamtlich. Es fallen aber auch Kosten für die Miete der Probenräume, die Noten und natürlich die Konzerte oder unser jährliches Probewochenende an.

    Brox: Wir mussten dieses Jahr den Eigenbeitrag für das Probenwochenende sogar von 40 auf 60 Euro erhöhen. Wir haben dann beschlossen, dass wir nächstes Semester kein Probenwochenende außerhalb von Leipzig stattfinden lassen können, weil es einfach zu teuer ist.

    Wie lange habt ihr schon finanzielle Probleme?

    Drobisz: So richtig haben die finanziellen Probleme im Letzten Semester angefangen. Vorher war es auch nie ganz entspannt, aber so kritisch, dass man es tagtäglich auf den Schirm hat, ist es erst seit diesem Semester.

    Brox: Ausschlaggebend war vermutlich auch unser Jubiläum im Wintersemester 2023 und 2024. Dort haben wir ein sehr großes Projekt zusammen mit einem Chor umgesetzt. Das hat auf jeden Fall Spuren hinterlassen, weil wir finanziell mehr investieren mussten, als es uns eigentlich möglich war. Leider hängt uns das bis heute nach und dann kamen zusätzlich Kürzungen von der Uni dazu.

    Woran lag es, dass das Jubiläum am Ende mehr Geld gefordert hat als geplant?

    Brox: Einerseits daran, dass wir einen Chor dabeihatten. Auch wenn sie nicht bezahlt wurden, kamen dadurch Mehrkosten auf uns zu. Zum Beispiel durch den Probenraum, das Notenmaterial und so weiter.

    Ihr habt auch Kürzungen seitens der Uni angesprochen, was bedeutet das konkret?

    Brox: Das Geld der Uni geht an die Unimusik und wir kriegen nur die Information, dass wir jetzt weniger Budget haben. Das wird gar nicht mit dem Vorstand besprochen. Im Rahmen allgemeiner  wurde uns das onehin schon kleine Budget weiter gekürzt. Es gab keinen Austausch darüber, leider auch keine BEgründung und nach verschiedenen Gesprächen mit anderen Betroffenen bleibt auch der Eindruck hängen, dass es wenig Aussicht auf Verbesserung gibt.

    Drobisz: Es wäre auf jeden Fall schön gewesen, wenn es Möglichkeiten zum Gespräch gegeben hätte. Auch damit wir uns erklären und aufzeigen können, warum wir die Mittel brauchen.

    Waren denn in den letzten Semestern ein Mitgliederabgang oder weniger stark besuchte Konzerte spürbar?

    Brox: Überhaupt nicht. Das Interesse, am Orchester teil zu haben, ist riesig. Wir können nie alle Leute aufnehmen, die dabei sein wollen. Und unser Konzertbetrieb, der läuft ja schon seit Jahren im Gewandhaus.

    Drobisz: Letztes Semester hatten wir ein komplett ausverkauftes Gewandhaus. Also insofern sind die Konzerte nicht kleiner geworden und das Interesse ist da, nur das Geld fehlt.

    Wie finanziert ihr euch denn neben der Uni noch? 

    Brox: Neben der Uni bekommen wir teilweise Gelder vom Förderverein, Spenden und mittlerweile gab es auch schon Sponsoring-Partner*innen. Da sind wir auch gerade auf der Suche.

    Welche Highlights stehen in diesem Jahr neben eurem Konzert am 29. Juni noch an?

    Brox: Im Wintersemester gibt es auf jeden Fall Probespiele für alle Studierenden, die mitspielen wollen. Und dann starten die Vorbereitung für unser Wintersemester-Konzert. Das ist im Januar 2026. Da werden wir Brahms dritte Sinfonie spielen und ein sehr interessantes Chorwerk von William Wollten zusammen mit dem MDR-Rundfunkchor interpretieren.

    Sinfoniekonzert Leipziger Universitätsorchester; So, 29. Juni 2025, Großer Saal, Daniel Seonggeun Kim Dirigent

    Titelbild: Privat

    Orchesterfotos: Simon Chmel

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