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  • Heute für eine bessere Zukunft kämpfen

    Die vierte Klimabuchmesse stand dieses Jahr unter dem Motto der Utopien einer gerechteren Welt, die die Klimakatastrophe abwenden kann.

    „Wir wenden uns Geschichten zu, mit denen wir Zukunft besser erzählen können“, verkündet Anne Weiss, die die Eröffnungsveranstaltung der diesjährigen Klimabuchmesse im Beyerhaus moderiert. Dies wird in unterschiedlichen Formaten umgesetzt, von Romanen über Sachliteratur und Geschichten für Kinder bis zu Slammen for Future. Verantwortlich für das Programm sind etwa 30 ehrenamtlich arbeitende Personen, die sich größtenteils aus Mitgliedern von Gruppen wie Teachers for Future, Parents for Future und Writers for Future zusammensetzen. „Die Klimabuchmesse wird fast nur von Muttis organisiert“, sagt eine der Mitorganisatorinnen aus dem Publikum. 

    Eröffnung der Klimabuchmesse

    Während Weiss spricht, wird simultan in Gebärdensprache übersetzt, um die Veranstaltung barrierefreier zu gestalten. Generell wird immer wieder betont, dass ein wichtiges Anliegen ist, ein möglichst großes und diverses Publikum zu erreichen. Auch Menschen, die sich bisher wenig mit Klimawandel beschäftigt haben. Die finanziellen Hürden wurden, im Gegensatz zum Besuch des Messegeländes, abgebaut, denn alle Buchvorstellungen sind kostenlos. Um dies zu ermöglichen, ist finanzielle Unterstützung nötig. So ist die Klimabuchmesse, wie bereits voriges Jahr, offizieller Partner der Leipziger Buchmesse und wird von der Stadt unterstützt. 

    Eingestiegen wird direkt mit der ersten utopischen Buchreportage „Zukunftsbilder 2045“, die Lino Zeddies, einer der Autor*innen, vorstellt. Neben dem Vorlesen einer Textpassage wird zusätzlich anhand von Bildern gezeigt, wie grün und ökologisch Frankfurt aussehen könnte. Alle Dächer und Plätze sind bepflanzt und die Menschen ernähren sich nur noch vegan. In den Hochhäusern sind trotzdem noch große Unternehmen angesiedelt – Kapitalismuskritik ist also Fehlanzeige. Als nächstes liest der Slam-Poet Sebastian23 aus seinem Buch „Alles wird gut. Die Welt retten in 5712 einfachen Schritten“. Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller ist er auch „Ehrenoma bei den Omas gegen rechts“, sagt er selbstironisch und hat sogleich einige Lacher und die Sympathie aller Anwesenden auf seiner Seite. Als Letzter im Bunde ist der Soziologieprofessor Dieter Rink zu Gast. Er berichtet von verschiedenen Projekten und Studien zur Begrünung von Leipzig, an denen er teilgenommen hat. Als alle gemeinsam auf dem Podium sitzen, fällt auf, dass nur Männer geladen sind. Dies war jedoch anders geplant, denn Sebastian23 ist nur als Ersatz für die erkrankte Hanna Bjørgaas eingesprungen. 

    Mit deutlich mehr Frauenpower geht es am Utopieabend weiter. Wieder wird aus drei verschiedenen Büchern vorgelesen. Die erste Veranstaltung steht ganz im Zeichen des Protests und stellt die Frage, was Klimaprotest bewirken kann. Beide anwesenden Frauen beschäftigen sich mit der Letzten Generation, wenn auch auf sehr unterschiedliche Weise. Lea Bonasera war Mitgründerin der Gruppe, ist inzwischen aber nicht mehr selbst aktiv. Sie geht auf die Wichtigkeit gewaltfreier Proteste ein, allein schon, um anschlussfähig und vielfältig sein zu können. Auf die Frage hin, wie Proteste erfolgreich sein können, führt sie aus, dass Erfolg oftmals darauf reduziert wird, ob die Ziele erreicht wurden. Doch sei es allein schon ein Erfolg, wenn die Themen ins Bewusstsein der Menschen kommen. Amelie Fried hat den Roman „Der längste Sommer ihres Lebens“ über eine Familie geschrieben, in der die 18-jährige Tochter in der Letzten Generation engagiert ist. Die Familie wird deswegen mit Repressionen überzogen. Doch statt immer stärkere Ablehnung gegenüber dem Aktivismus zu entwickeln, entsteht ein Umdenken zu den eigenen Positionen und eine solidarische Einstellung zum Klimaprotest. Auf die abschließende Frage, welche Lehre aus zivilem Widerstand gezogen werden kann, antwortet als erstes Friedemann Karig, Autor des Buches „Was ihr wollt“, ganz schlicht mit einem Wort: „Anfangen.“ Amelie Fried entgegnet darauf „Nicht aufgeben“. 

    Im Anschluss gibt es eine Veranstaltung zum Thema „Vision, Solar-Punk und Humor“. Den Einstieg macht Raphael Thelen mit seinem Buch „Wut“. Nicht nur seine Charaktere sind wütend, sondern auch er. Enttäuscht vom Journalismus, der es versäume, auch über Erfolge und positive Nachrichten zu berichten. Wütend, dass nicht alle Menschen kollektiv etwas an den Verhältnissen änderne. Die im Buch skandierten Demosprüche werden vom Publikum ergänzt. Thelen trifft den Nerv der Zuhörer*innen und reißt viele mit. Das Buch „Endling“ von Jasmin Schreiber hingegen ist eher von Hoffnungslosigkeit geprägt. Denn ein Endling ist der letzte einer Art und wir Menschen müssen aufpassen, dass uns dieses Schicksal nicht auch bald ereilt. Sie sagt selbst, dass es den Anschein haben mag, sie säße zu Unrecht auf dieser Bühne. Doch gibt es auch Hoffnungsschimmer in ihrem Buch, die unter anderem von Kooperation handeln. Sie ist davon überzeugt: „Wer es schafft, Freundschaften zu schließen und Kooperationen einzugehen, ist der eigentliche Alpha.“ In die Welt des Science-Fictions begibt sich Anette Schaumlöffel mit dem ersten Teil „Die Erwachte“ ihrer Trilogie „In einem Land nach unserer Zeit“. Auch sie betont, dass die Kooperation der Dreh- und Angelpunkt für eine Veränderung ist. Auf die Frage, was ihr Hoffnung für die Zukunft gibt, verweist sie auf die Klimabuchmesse, die sie selbst mitorganisiert hat. „Wir arbeiten anarchistisch, im bestmöglichen Sinne des Wortes. Jede macht die Aufgaben, die sie sich zutraut, und wenn was übrigbleibt, findet sich immer jemand. So kann es auch im Großen funktionieren.“ 

     

    Fotos: Leonie Beer

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