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    Wonka ist was für Schokoholiker. Schrill und albern, doch auch voller Herzlichkeit und Fantasie. Der junge Willy Wonka lernt die tückische Realität des Schokoladengeschäfts kennen.

    Nach Charlie und die Schokoladenfabrik von 1971 und 2005 ist Wonka die bisher dritte Verfilmung der Geschichte um den magisch-verdrehten Schokoladenhersteller Willy Wonka und seine verzaubernden Leckereien. Diesmal spielt der Film zu Willy Wonkas Jugendzeiten – er zeigt die Vorgeschichte, die ihn zu dem Aufbau seiner fantastischen Schokoladenfabrik führte.

    Wonka ist Chocolatier und Magier. Für das Studium der Schokolade, für die ihn seine geliebte, doch früh verstorbene Mutter begeisterte, umsegelte er sieben Jahre die Welt. „Alles Gute beginnt mit einem Traum“, gab sie ihm mit auf den Weg. Worte, die auch das Filmplakat zieren und den jungen Wonka antreiben, in die Welt zu ziehen, um die besten Zutaten für seine besonderen Schokoladenkreationen zu suchen. Angekommen in einem europäischen Städtchen, in dem er schließlich sein Geschäft aufbauen möchte, bleibt ihm nichts als sein Zauberkoffer, in dem er seine schokoladigen Herrlichkeiten zusammenbraut. Doch ohne Geld in den Taschen gerät der junge Mann in seiner Not schnell in falsche Hände. Nämlich in die der Wäscherei-Inhaberin Mrs. Schrubber, die ihn durch einen heimtückischen Vertrag auf einen Schuldenberg treibt, den er bei ihr abarbeiten soll. Dabei trifft Wonka auf das Waisenkind Nudel sowie auf vier weitere Mrs. Schrubber zum Opfer gefallene Arbeiter*innen. Mit deren Hilfe schafft es Wonka, sich davonzuschleichen, um seine heiß begehrten Süßigkeiten zu verkaufen. Seine Kreationen potenzieren den überzuckerten Wahnsinn der Stadt noch weiter, Schwebfliegenlarven lassen ihre Verkoster abheben, Giraffenmilch sorgt für Selbstbewusstsein und Yeti-Schweiß für Haarwachstum, Sonnenschein-Essenz für wohlige Gefühle. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt und alles zaubert Wonka aus seinem Koffer zusammen. Jedoch zum Verdruss dreier Großunternehmer aus der Schokoladenbranche, deren Konglomerat die ganze Stadt beherrscht. Sie sehen Wonka und seine erschwingliche, doch gaumenbetörende Schokolade als bedrohliche Konkurrenz und versuchen, ihn auszuschalten.

    In dem verspielten Städtchen, in dem jedermann von Schokolade besessen ist und versucht, aus ihr Profit zu schlagen, besticht Wonka durch seine Gutmütigkeit und seinen Einfallsreichtum und bringt so die Leidenschaft zurück in das Schokoladengeschäft.

    Willi Wonka (Timothée Chalamet) und ein von ihm gefangener Oompa Loompa (Hugh Grant), der sich nächtlich an seiner Schokolade zu schaffen machte. Der Beginn ihrer Zusammenarbeit.

    Zu Beginn erklingt ein Triangel zur bekannten Wonka-Nummer Pure Imagination von Gene Wilder, während sich die schwarze Leinwand golden färbt. Und schon im nächsten Moment tanzt Timothée Chalamet in der Rolle Wonkas samt Hut, Stock und samtig rotem Frack durch die Galeria Gourmet, der Galerie, in der schon bald sein seit Kindheitstagen erträumtes Schokoladengeschäft eröffnet werden soll. Mit ausgelassenen Tanz- und Gesangsparts ordnet sich die Verfilmung irgendwo zwischen Musical und Disney Film ein, was den Kitsch treffend befeuert.

    Es ist ein Candy Rush. Die Dialoge sind gewitzt und voll von Wortspielen und überspitzer Albernheit. „Deine Augen funkeln wie Kaninchenköttel in Vanillesoße“, fliegt der ungepflegten Mrs. Schrubber ein Kompliment um die Ohren. Die Figur Willy Wonkas ist im Gegensatz zu seiner Inszenierung in Charlie und die Schokoladenfabrik ein heiterer Geselle, nichts vermag seine Laune zu trüben. Und so glaubt er zwar naiv, doch auch voller Leidenschaft und Ehrgeiz an seinen Traum und beweist im Kampf darum Raffinesse und Herzlichkeit, vor allem in seinem Umgang mit dem Waisenkind Nudel, dem er die erste Freude seit Jahren beschert. Die beiden werden im Laufe des Films zu guten Freunden, die ohneeinander keinen Ausweg aus Mrs. Schrubbers List gefunden hätten.

    Nach 117 Minuten kompletten Wahnsinns tanzt selbst im Abspann noch ein Oompa Loompa, Wonkas willige Elfenhelfer, auf der Leinwand herum und singt eine eindringliche Melodie, die den Zuschauern noch einige Tage im Kopf herumschwirren wird. Spätestens als sich herausstellte, dass das Schokoladenimperium der korrupten Großunternehmer von einem schokoladensüchtigen Geistlichen und 500 Schokoholiker-Mönchen bewacht wird, konnte keine Wendung mehr überraschen. Hungrig verlässt man diesen Film auf keinen Fall.

    Willy Wonka zum Ende des Films in den Anfängen seiner Schokoladenfabrik.

    Regisseur Paul King löste sich mit dieser Verfilmung von vielen Elementen des Kinderbuchs von Roland Dahl, auf dem auch die anderen Verfilmungen basierten, vor allem von Willy Wonkas Figur selbst. Wonka verkörpert keinen Kinderhasser oder makabren, zurückgezogenen Fabrikinhaber mehr, sondern einen unschuldigen, koboldhaften jungen Mann, der selbst noch kindlich daherkommt und an seinem großen Wunsch festhält, den Menschen mit seiner Schokolade etwas Gutes zu tun. Sein Charakter befeuert zwar die Handlung, nimmt jedoch die Spannung aus der Figurenkonstellation und dem Film an Tiefe.

    Trotzdem bringt Wonka genau das Richtige für graue Tage: eine ordentliche Portion Energie und gute Laune! Zusammen mit ein paar Gramm Süßkram lässt sich im Kino noch bis zum 31. Januar von Wonkas Einfallsreichtum kosten.

     

     

    Fotos: Warner Bros. Entertainment

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