Kleider für die Seele
In der Oper „Undine“ spiegelt sich die Handlung im Äußerlichen der Sänger*innen wider.
Die Oper „Undine“ von Albert Lortzing basiert auf der gleichnamigen Erzählung von Friedrich de la Motte Fouqué und handelt von der Frage, ob die Seele den Menschen zum besseren Wesen als die seelenlosen Wassergeister macht. 2022/23 wird die Oper auch in Leipzig gezeigt und hat am 29. Oktober die neue Spielzeit eingeleitet.
Sie besteht aus vier Akten mit sechs Bildern. Undine, Tochter des Wasserfürsten Kühleborn, wird als kleines Kind Fischern gegeben. Sie soll in der Welt der Menschen Liebe zu einem Mann finden, wodurch sie eine Seele erhält, welche Wassergeister nicht haben. Wenn dieser Mann sie aber verlässt, so muss er sterben.
Im ersten Akt treffen Undine (Olga Leníková) und Hugo (Matthias Stier) in dem Fischerdorf aufeinander, verlieben sich und heiraten. Im zweiten Akt erzählt Undine Hugo von ihrer wahren Herkunft. Dann taucht Bertalda auf, die leibliche Tochter des Fischerpaares, welche als Kind vom König gefunden wurde, als Prinzessin aufgewachsen ist und zuvor mit Hugo verlobt war. Bertalda spottet über Undines Herkunft als Tochter von einem Fischer. Kühleborn, welcher schon die ganze Oper immer wieder anwesend ist, ist so erzürnt, dass er den Anwesenden die wahre Herkunft von Bertalda mitteilt und sich als Wasserfürst zu erkennen gibt. Er und Undine verschwinden im Brunnen.
Im dritten Akt erfährt Undine nach einer Jagd, dass Hugo nichts mehr von ihr wissen will. Im vierten Akt heiraten Hugo und Bertalda. Veit, der Knappe und der Kellermeister entfernen aus Übermut den Stein, welcher über den Brunnen gelegt wurde. Sodann taucht Undine daraus auf. Das Schloss stürzt zusammen und Kühleborn verkündet, dass Hugo von nun an auf ewig bei Undine im Reich der Wassergeister bleiben und nicht sterben muss.
Während der ganzen Oper finden sich immer wieder Hinweise in der Kleidung, die auf die kommende Handlung, die Gefühlslagen der Charaktere und deren Beziehungen untereinander hinweisen. Die Oper spielt in Deutschland im 15. Jahrhundert. Die Künstler*innen tragen jedoch moderne Kleidung. Das irritierte mich zunächst, nach und nach haben sich aber Zusammenhänge der Handlung und Gefühle in der Kleidung widergespiegelt.
Undine trägt als Kind ein schlichtes, bodenlanges Kleid, welches von weiß zu blau am Boden übergeht. Als Hugo und Undine aufeinandertreffen, tragen sie beide weiß-beige kurze Hosen und Oberteile, was für mich Zusammengehörigkeit und Reinheit ausdrücken sollte. Im Schloss trägt Undine wieder ihr blau-weißes Kleid, Hugo trägt schwarze Lederbekleidung. Als dann aber Undine auf Hugo und Bertalda trifft und diese ihr mitteilen, dass Hugo sich für Bertalda entschieden hat, trägt Undine ein dunkelblaues Ballkleid, was zu ihrem Dasein als Wassergeist passt. Hugo und Bertalda tragen beide schwarze Lederkleidung, die für ihre Zusammengehörigkeit und auch das Unreine stehen könnten. Auch Veit, der Knappe, und der Kellermeister, beides Untergebene von Hugo, tragen in der ganzen Oper schwarze Lederhosen, wie dies auch Hugo meist tut. Das zeigt die Untergebenheit der beiden an.
Schon im ersten Akt wird mit Kleidung und deren Wirkung gespielt. Die Dorfbewohner*innen feiern die Verlobung von Hugo und Undine. Auf der einen Seite der Bühne steht der Männerchor, auf der anderen Seite der Frauenchor. Hugo wird vom Frauenchor eine Schleppe, Undine vom Männerchor ein Zylinder angezogen und die Chöre nehmen die jeweilige Person mit sich. Zur Hochzeit tragen Undine und Hugo dann aber wieder die ihrem Gender angepasste, „richtige“ Kleidung.
Die Kleidung, die weitestgehend modern ist, aber auch Utensilien wie Bierdosen und Weinflaschen, und die minimalistische Bühnengestaltung machen die Handlung noch bizarrer. Die Frage, ob eine Seele jemanden zu einem besseren Menschen macht, versucht das Stück durch die Frage der Treue in einer monogamen Beziehung zu finden. Die Trennung von einer ehemaligen Partnerin rechtfertigt den Tod desjenigen. Auf der anderen Seite ist eine Trennung und die Liebe zu beiden Frauen zugleich überhaupt angedacht.
Offenbar einer der Publikumslieblinge war der Knappe Veit, welcher neben der jungen und der älteren Undine sehr großen Applaus genießen durfte. Veit tritt als Knappe auf, dem Wein das Wichtigste im Leben ist. In fast jeder Szene, in der er erscheint, trinkt er Wein oder versucht, sich Wein zu besorgen. In einer Szene besingen Veit und der Kerkermeister den Wein als das Einzige, was wahr ist. Dadurch wirkt die Oper eher wie eine Laudatio auf die Alkoholsucht. Zumindest am Anfang dieser Szene steht Veit dem Wein eher abneigend entgegen und will ihn nie wieder trinken.
Die Oper ist bis zum 31. Dezember auch online als Video kostenfrei verfügbar.
Fotos: Kirsten Nijhof


Hochschuljournalismus wie dieser ist teuer. Dementsprechend schwierig ist es, eine unabhängige, ehrenamtlich betriebene Zeitung am Leben zu halten. Wir brauchen also eure Unterstützung: Schon für den Preis eines veganen Gerichts in der Mensa könnt ihr unabhängigen, jungen Journalismus für Studierende, Hochschulangehörige und alle anderen Leipziger*innen auf Steady unterstützen. Wir freuen uns über jeden Euro, der dazu beiträgt, luhze erscheinen zu lassen.