„Die Anwohner*innen wollen keine Clubs vor ihrer Tür“
Das Projekt Gleisdreieck ist seit drei Jahren in Arbeit. luhze-Redakteurin Natalie Stolle sprach mit Steffen Kache über den aktuellen Stand und Konflikte im Projekt.
luhze: Wie ist die Idee zum Gleisdreieck überhaupt entstanden?
Kache: Der Ausgangspunkt war, dass die Distillery und der TV-Club von ihren jetzigen Standorten weg müssen. Das ehemalige Eisenbahnkraftwerk Leipzig-Connewitz wurde uns als Ersatz angeboten, daraufhin haben die beiden Clubs eine Stiftung gegründet. Es hat sich dann schnell gezeigt, dass viel mehr möglich ist, als nur beide Clubs dort unterzubringen.
Wann und wie wurde die Stiftung gegründet?
Das war im Sommer 2019, eingetragen wurde sie dann zum 30. September 2019. Involviert sind die Vertreter*innen beider Clubs und aktuell ist auch noch die Galerie KUB (Forum für zeitbasierte Kunst und politische Kultur, Anm. d. Red.) im Vorstand, die sich dann aber leider zurückziehen wird, weil sie es aus zeitlichen Gründen nicht mehr schaffen. Wir werden den Vorstand aber wahrscheinlich noch erweitern.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit der Stadt?
Es gibt eine große politische Unterstützung, quer durch den Stadtrat bis hin zu Burkhard Jung. Über alle Dezernate wird das Projekt sehr positiv gesehen.
Die Stiftung hat einen Beteiligungsprozess ins Leben gerufen. Was kann man sich darunter vorstellen?
Der Prozess startete im Mai 2021 und es ging erstmal darum, dass wir im Prinzip von allen, die von dem Projekt in irgendeiner Weise positiv oder negativ betroffen sind, erfahren: Was könntet ihr euch vorstellen, was ist alles möglich? Es ging aber auch darum Bedenken und Anliegen zu hören. Das Ganze war und ist ein sehr spannender Prozess.
Was gibt es gerade für Sie und die Stiftung zu tun?
Aktuell läuft das Bauleitplanverfahren, in dem erstmal die Grundlagen für unser Vorhaben geschaffen werden müssen. Die Stadtverwaltung muss das Baurecht für das gesamte Gelände schaffen, was ein sehr langer Prozess ist. Am Anfang hatten wir nicht mit so langen Verzögerungen gerechnet und gehofft, dass wir bis Ende 2021 umziehen können. Das wird sich jetzt allerdings um fünf Jahre verschieben. Momentan können wir also gar nicht so viel machen. Trotzdem planen wir weiter, erstellen Businesspläne – auch um die Fördermittel zu erhalten – und werden dann mit Notsicherungsmaßnahmen beginnen. Denn es ist leider so, dass die Bausubstanz durch den Leerstand stark leidet.
Hat sich die Pandemie auf das Projekt ausgewirkt?
Ja, im positiven wie auch im negativen Sinn. Zum einen hatten wir plötzlich mehr Zeit uns um das Projekt zu kümmern, zum anderen hat sich aber auch einiges verzögert. Und dadurch, dass die Clubs geschlossen waren, konnten keine Gelder erwirtschaftet werden.
In der Vergangenheit waren die Anwohner*innen eine sehr große Gegenstimme. Hat sich die Situation inzwischen beruhigt?
Die Anwohner*innen stehen dem Projekt nach wie vor kritisch gegenüber. Sie haben keine Lust auf Clubs vor ihrer Tür, was verschiedene Gründe hat. Einerseits haben sie Angst, dass es zu laut wird, andererseits gibt es auch die Aussage, dass dann dort Drogen genommen werden würden, was sie nicht wollen. Das ist alles sehr ärgerlich. Unsere Herausforderung ist es, diese teilweise nachvollziehbaren Ängste und Vorbehalte zu entkräften und Vertrauen aufzubauen. Dazu wird hoffentlich auch das Nachbarschaftsforum als städtischer Beteiligungsprozess ab dem Frühjahr 2022 beitragen.
Was sind die nächsten Schritte, die anstehen?
Wenn angenommen Ende 2023 der Bebauungsplan verabschiedet wird, reichen wir zeitnah den Bauantrag ein, damit wir dann hoffentlich 2024 mit den ersten Baumaßnahmen beginnen können. Aber was Zeitplanung angeht, bin ich eher vorsichtiger geworden. Vielleicht können wir auch erst 2025 beginnen. Zuerst sanieren wir das ganze Gebäude und setzen die geplanten Vorhaben um. Neben den Clubs sind das dann auch Büroräume, Bandproberäume, Ateliers und Außenbereiche. Das wird schon eine Weile dauern, bis alles fertig ist.
Fotos: Michael Bojsen, Leipziger Club- und Kulturstiftung;
Montage: Martin Schroeder
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