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    Der Sexshop Voegelei verkauft nicht nur Sexspielzeuge und Pornos, sondern berät auch zu einem offenen, natürlichen Umgang mit Sex.

    Wo bleibt mein Dildo??“, steht prominent an die Haus­wand eines Ladens in der Wurzner Straße, zwischen dem Kollektivhaus und der Tram-Station Wiebelstraße, gesprayt. Der Laden, der sich hinter dieser Hauswand verbirgt, ist der queerfeministische Sexshop Voe­­gelei. Die Sicht in den Laden ist durch transparente Fensteraufkleber mit dem Logo der Voegelei verdeckt. Laut brettert die Tram vorbei, drinnen ist es angenehm ruhig, hell und auch ziemlich bunt. Vor allem das ewig lange Regal mit farbigen Dildos und Vibratoren in den verrücktesten Formen zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Sie würden vor allem mit kleineren Manufakturen zusammenarbeiten, deren Produkte fair und von FLINTA*-Personen produziert werden, erklärt Max, der mit Steph und Kalle zusammen momentan den Laden leitet. Gut gelaunt sind Steph und Kalle im Laden anzutreffen, am Rumräumen und Erklären, denn es gehöre auf jeden Fall auch zum Modell der Voegelei, den Dialog anzubieten. „Natürlich zwinge ich aber niemandem das Gespräch auf“, sagt Max noch hinterher und lacht.

    Gegründet wurde das Projekt schon vor einigen Jahren und konnte im Juli dieses Jahres erstmals seine Türen öffnen. Momentan sind sie auch dabei, einen Webshop aufzubauen, obwohl ein Laden deutliche Vorteile bringt: „Zum einen verkaufen wir natürlich einfach Toys, zum anderen ist es sehr gut, diesen Raum zu haben, wo Umgang mit Sexualität etwas ganz Natürliches ist. Nichts Schlimmes, nichts Schmuddeliges“, sagt Max. Der Laden solle einen Raum für Austausch und Fragen bieten. Außerdem gibt es eine Umkleidekabine und die Möglichkeit, alles anzufassen. Besonders bei Silikon sei das sehr interessant. Das könne weicher oder eher „sticky“ sein, erklärt Max in einem Hinterzimmer des Ladens, das er auch für Paar- und Sexualberatungen nutzt. „Ich war früher sehr verklemmt und musste mich aus vielem rausarbeiten.“ Die Sozialisierung mit binären Geschlechterbildern mache es für viele schwer. Besonders Mainstream-Pornografie auf Seiten wie Youporn sei da problematisch. Junge Menschen, die nach ihrer Sexualität suchen, würden dadurch verquere Bilder, wie Sex aussehen muss, entwickeln, statt ein Gefühl dafür zu bekommen, was sie eigentlich wollen und wie sie sich Intimität vorstellen. Pornografie reduziere häufig einfach auf einen Ablauf von Heterosex, führt Max weiter aus. „Sex ist nicht nur Sex, raus aus der Kopfebene, rein in die Gefühlsebene.“ Dafür gibt es in der Voegelei im breiten Sortiment zwischen Periodenpanties und BDSM-Sets auch feministische Pornografie und Literatur.

    Der Sexshop gegenüber der Uni ist Max auch bekannt. Vor sechs Jahren noch, erzählt er, soll er der Ordentlichste in Leipzig gewesen sein. Obwohl er überwiegend abgedunkelt war und haupt­­­sächlich DVDs mit misogynen, gewalttätigen und stereotypisierenden Inhalten und Titeln im Sortiment hatte. Das würden sie ganz anders machen, stellt Max klar, dadurch, dass sie solche Produkte gar nicht anbieten. „Wir reproduzieren keine Stereotypen, wir haben einen weitläufigen Raum mit viel Tageslicht, der signalisiert, es ist okay und Sex ist auch eine Art Self-care.“

    Onlineshops, die auch diese Message vertreten, wie Amorelie oder Eis, gibt es schon länger aber mit denen wollen sie sich gar nicht vergleichen, unterstreicht Max. Amorelie ist ein Konzern der ProSiebenSat1-Gruppe und deshalb sehr präsent in der Werbung geschaltet. Für ihn ist fragwürdig, wie viel Pinkwashing dahinter steht. Bei den Preisen müsse man sich auch wirklich Gedanken über die Produktionsbedingungen machen.

    Außerdem würden Online-Shops wie Amorelie Sextoys zwar aus der Schmuddelecke holen, aber trotzdem ein sehr körperidealisiertes Bild zeigen – sportlich, schlank, rasiert. „Die sind halt für eine breite Masse aufgestellt und wir sind ein Nischenladen mit unserem alternativen Sexladen. Das ist nicht David gegen Goliath. Wir haben es nicht darauf abgesehen, Amorelie zu stürzen.“

    Foto: Hannah Arnim

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