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  • „Man sollte kritikfähig bleiben“

    Die Anglistik-Dozentin Kati Voigt wurde für ihre Online-Lehre vom Studierendenrat der Universität ausgezeichnet. Im Interview spricht sie über Innovation und Tipps für ihre Kolleg*innen.

    Im April hat der Studierendenrat der Universität Leipzig das erste Mal den Studentischen Lehrpreis vergeben. 16 Dozent*innen wurden auf Vor­schlag der Fachschaften aus­ge­­zeichnet. luhze-Autorin Eli­sa Mohr hat mit der Preis­trägerin und Anglistik-Dozen­tin Kati Voigt über ihre beson­dere Ehrung, guten Online­-Unterricht und klagende Kol­leg­­­*innen gesprochen.

    luhze: Wie kann man sich eine typische Seminarsitzung bei Ihnen vorstellen?

    Voigt: Ich habe immer vorher Fragen oder Aufgaben hochgeladen, damit hatten die Studierenden die Möglichkeit, sich vorzubereiten. Ich setze viel auf Gruppenarbeit und gehe zum Schluss immer sicher, dass allen das Relevante zur Verfügung steht. Mir ist wichtig, dass keiner abgehängt wird. Dabei war jeder Kurs anders. In meinem Masterkurs, in dem es hauptsächlich um Romane ging, habe ich beispielsweise alle zuerst alles lesen lassen. Dadurch haben wir uns dann themenbasiert und bücherübergreifend ausgetauscht, sodass alle besser mitreden konnten. Das war nur durch die Onlinelehre überhaupt möglich.

    Sie hatten also keine Startschwierigkeiten?

    Nein, nicht wirklich. Ich habe vorher schon viele Fortbildungen absolviert und kenne diverse Tools. Ich bin außerdem sehr gut vernetzt.

    Wie stehen Sie zu den Kolleg*innen, die sich diese Mühe nicht machen?

    Das ist schwer zu beurteilen, da alle sehr viel Lehre haben. Für guten Unterricht sitzt man länger, als der Unterricht selbst dauert. Unterrichten ist auch nur ein Teil dieses umfangreichen Berufes. Das rechtfertigt aber nicht, keinen Aufwand zu betreiben. Gerade bei sich wiederholenden Seminaren finde ich, dass Zeit investiert werden sollte.

    Welche Aspekte sind in Ihren Augen unabdingbar für gute Onlinelehre?

    Fokus auf die Studierenden. Wir haben zum Beispiel eine Projektarbeit als Onlinekonferenz gestaltet. Da hat sich der Kurs über einen definierten Zeitabschnitt gar nicht synchron getroffen, sondern Studierende konnten selbstbestimmt arbeiten, unterstützt durch das Angebot von zusätzlichen Sprech­stunden. Ich finde es außerdem sinnvoll, die Anwesenheit nicht künstlich in die Länge zu ziehen.

    War denn die Beteiligung an Ihren Seminaren gut?

    Ja. Die Anwesenheit war genauso wie im Präsenzunterricht. Die Mitarbeit war auch gut, meist in schriftlicher Form.

    Das deckt sich nicht mit der oft vernommenen Klage anderer Dozent*innen, dass die Studierenden nicht zu den Kursen erscheinen.

    Wenn die Seminare nur asynchron als „Materialsammlung“ vorliegen oder wie Vorlesungen sind, kann ich das vonseiten der Studierenden auch verstehen. Ich selbst hatte nie so wenige Abmeldungen von den Prüfungen wie in den Onlinesemestern. Das hat wirklich mit dem dynamischen Aufbau von asynchroner und synchroner Lehre zu tun, der war studierendenzentrierter. Ich fand das selbst spannend, so viel Neues ausprobieren zu können. Man muss aber auch sagen, dass auch wir Dozierende von der Pandemie betroffen waren, von der Umstellung auf eine neue Art von Lehre, Kinderbetreuung, Homeoffice, persönliche Schwierigkeiten. Daran mussten wir uns alle erst gewöhnen.

    Welche Herangehensweise raten Sie Kolleg*innen, die noch nicht so tief in der Materie verankert sind wie Sie?

    Schritt für Schritt. Es muss ja kein didaktisches Feuerwerk sein. Mein Vorteil war, dass ich schon vor Jahren angefangen habe, mich regelmäßig weiterzubilden. Sich intensiv mit Moodle auseinanderzusetzen wä­re mein erster Tipp, damit kann man schon sehr viel strukturieren und aktivierend arbeiten. Dann wäre es gut, Zeit in Schulungen zu investieren oder Kollegen zu Rate zu ziehen. Alles auf einmal zu lernen und umzusetzen geht schief, lieber kleine Dinge einbauen und verändern. Man sollte außerdem das Feedback der Studierenden erfragen, ernst nehmen und kritikfähig bleiben.

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