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  • Von der Werkstatt an die Uni

    Das Projekt Quabis setzt sich in Sachsen für eine diversitätssensiblere Hochschullandschaft ein. Ziel ist es, Forschung und Lehre neu zu denken.

    „Die Hochschule ist ein exklusiver Raum, wo nur bestimmte Leute Zugang haben“, sagt Nico Leonhardt. Er ist einer der Qualifizierungs -und Organisationsleiter*innen beim Projekt Qualifizierung von Bildungsfachkräften in Sachsen (Quabis) in Leipzig. Das sachsenweit einzige Projekt dieser Art möchte Neuland auf dem Weg zu einer inklusiveren Hochschule betreten. Seit Mai 2019 werden sechs Personen mit Behinderungserfahrungen an der Universität Leipzig und der Technischen Universität Dresden zu Bildungs- und Inklusionsreferent*innen fortgebildet, um schließlich an der Universität Seminare zu gestalten, zu forschen und Beratungen zur inklusionssensiblen Hochschule zu geben. „Ganz wichtig ist uns, dass es eben nicht nur darum geht, dass die Personen von eigenen Behinderungserfahrungen berichten. Alle haben inhaltlich sehr viel zu geben“, betont Leonhardt. Die Bildungs- und Inklusionsreferent*innen setzten eigene Schwerpunkte zum Forschen und Lehren an der Universität. Ein Großteil der zukünftigen Referent*innen hat vorher in Werkstätten gearbeitet.
    „Die Arbeit in der Werkstatt war eintönig und überhaupt nicht anspruchsvoll“, äußert Tom Hoffmann. „Deshalb wollte ich da weg.“

    Allerdings sei es nicht einfach gewesen, die Personen, die das Weiterbildungsangebot erreichen sollte, direkt zu kontaktieren, berichtet Leonhardt über die Anfänge des Projektes. So erzählt Beate Schlothauer, dass sie sich heimlich bei Quabis bewerben musste, weil die Werkstatt dies nicht befürwortete.

    War der Weg aus der Werkstatt an die Uni erst einmal geschafft, musste sich das Projekt strukturellen Herausforderungen stellen: Welchen Status haben die Bildungs- und Inklusionsreferent*innen in Ausbildung, da sie weder Studierende noch Dozierende sind? Wie kann das Homeoffice beispielsweise auch im Wohnheim während der Pandemie ermöglicht werden? „Das System Hochschule ist bisher nicht dafür ausgelegt. Es braucht gewisse Haltungen, um Lösungen zu finden“, sagt Leonhardt.
    Das Personaldezernat der Universität Leipzig ermöglichte, dass die Referent*innen einen Praktikant*innenstatus erhielten, womit zum Beispiel Räumlichkeiten, Bibliotheken und Mensen der Universität nutzbar sind.

    Doch auch für die Zeit, wenn die Qualifizierung der Referent*innen abgeschlossen ist, bleiben Fragen offen: Wie kann die Universität eine Struktur schaffen, dass die Bildungs- und Inklusionsreferent*innen weiter an der Universität arbeiten können und nicht zurück in die Werkstatt müssen? Wie können die Referent*innen unter attraktiven Bedingungen eingestellt werden? Wie kann deren Rente gesichert werden?
    „Wie sind dabei, mit der Universität eine Lösung zu finden.“, versichert Leonhardt. „Dabei ist eine Zentrumsgründung für inklusive Lehre und Forschung angedacht.“

    Im Wintersemester 2020/2021 fand das erste langfristige Seminar statt, das von den zukünftigen Bildungs- und Inklusionsreferent*innen mitgestaltet wurde.
    Um eine realistische Perspektive der Weiterarbeit an Hochschulen zu schaffen, wurde die Anzahl der Referent*innen auf sechs Personen beschränkt.
    An der erziehungswissenschaftlichen Fakultät im Rahmen der Bildungswissenschaften konnten sich Studierende für das Seminar „Macht und Privilegien in der Schule“ entscheiden. Zwar ist das Projekt Quabis an der erziehungswissenschaftlichen Fakultät verankert, es bietet aber durchaus fakultätsübergreifend Workshops und Seminare an, die auch auf Initiative der Dozierenden hin in die Lehre eingegliedert werden können.

    Sebastian Hempel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei dem Verbundsprojekt Partizipative Lehre in einer inklusionssensiblen Hochschule. Das Projekt, wo auch die Universität Leipzig Partnerin ist, beschäftigt sich mit der Entwicklung inklusiver Hochschuldidaktik durch Menschen mit Lernschwierigkeiten als Bildungsfachkräfte. Hempel resümiert über die Projektstrukturen allgemein im deutschsprachigen Raum: „Wir haben in den letzten drei Jahren mitbekommen, dass die Nachfrage sehr groß ist. Leider gibt es nicht genügend Projekte.“

    Titelfoto: Quabis

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