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    Das Museum der bildenden Künste konzipierte mit „Citylights“ eine auf Werbeträgern stattfindende Freiluftausstellung, deren Besuch viele Besonderheiten barg. Ein Erfahrungsbericht.

    Seit dem 9. April darf das Museum der bildenden Künste Leipzig (MdbK) seine Türen wieder für Besucher*innen öffnen – nach erfolgter Terminbuchung und Vorlage eines tagesaktuellen negativen Coronatests. In den vorangehenden fünf Monaten war dies nicht möglich, bis auf zwei Märzwochen musste das Kunstmuseum geschlossen bleiben. Jene museale Durststrecke verstrich jedoch keineswegs ungenutzt, wie die Freiluftausstellung „Citylights“ zeigt, die von Ende Februar bis Mitte März Werbeträger in Ausstellungsstücke verwandelte und somit die Straßen Leipzigs zum Kunstschauplatz werden ließ. Ich machte mich auf den Weg nach draußen, um mir „Citylights“ anzusehen, anzuhören und zu beobachten, welche Besonderheiten eine solche auf Werbeträgern stattfindende Freiluftausstellung mit sich bringt. Vereinzelt sind die ungewöhnlichen Exponate, die sich auf City-Light-Postern befinden, immer noch zu sehen.

    City-Light-Poster sind hinterleuchtete Plakatflächen, die gewöhnlich der Außenwerbung dienen. Über 200 dieser Flächen nutzte das MdbK im Zuge der Ausstellung um und zeigte stadtteilübergreifend statt herkömmlicher Werbung Reproduktionen von fünf sehr unterschiedlichen Gemälden aus seinen Sammlungen. Am unteren Rand mit einem QR-Code versehen, konnten die Betrachter*innen zudem für jedes Bild einen kurzen Audiotrack auf Soundcloud abrufen, der das Gesehene informativ-kreativ ergänzte.

    Schon bevor ich losging, wurden mir die veränderten Zugangs- und Rezeptionsbedingungen der Ausstellung bewusst. Machte ich mich früher auf den Weg zu klassischen Museumsbesuchen, geschah dies meist mit Geld in der Tasche und einer relativ klaren Erwartung der Rahmung: warme, stille und gut beleuchtete Hallen, die wenig Potenzial für Unvorhersehbares bergen.

    Ganz anders war es nun der Fall bei der Citylights-Ausstellung, die durch ihre sowohl finanziell als auch räumlich freie Zugänglichkeit auch Menschen mit den Gemälden in Kontakt bringen konnte, die sonst aus Kosten- oder Prestigegründen eher auf Museumsbesuche verzichten müssen.

    Mittlerweile am Augustusplatz angekommen und vor Monets „Boote am Strand von Étretat“ stehend, fielen mir dann die vielen neugierigen Blicke auf, die die Passant*innen von allen Seiten auf die ungewöhnlich bespielten Werbeflächen warfen. Während ich die Ausstellung aktiv aufsuchte, ermöglichte die Verankerung der Ausstellung im öffentlichen Raum natürlich ebenso ein zufälliges Antreffen der Gemälde. Dies dürfte nicht nur das Publikum generell vergrößert haben, sondern auch dessen Herangehens- und Interpretationsweisen.

    Da nicht offengelegt war, welche Plakatflächen genau vom MdbK genutzt werden, hatte die Ausstellung Schatzsuchecharakter. Während ich also mit wachsendem Ehrgeiz nach weiteren Motiven suchte und so ein beachtliches Stück Weg und Zeit zurücklegte, verwandelte sich der anfangs freundliche Wintertag in einen zunehmend kalten und regnerischen. Wurde Monet noch von Sonnenstrahlen beleuchtet, so hielt mich das Wetter nach zwei Stunden und dem Begutachten der weiteren Gemälde von Franziska Holstein, Wolfgang Mattheuer und Rachel Ruysch schließlich davon ab, nach dem fehlenden fünften Motiv von Gerrit van Honthorst zu suchen.

    Insgesamt fand ich die Ausstellung in ihrer Konzeption und Umsetzung trotzdem sehr gelungen und vor allem dahingehend spannend, dass sie andere Menschen aus anderen Gründen in anderem, spontanerem und weniger vorhersagbarem Setting mit den Gemälden in Kontakt brachte.

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