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  • Gebet, Protest und Blockade

    Gestern nahmen an verschiedenen Orten mehrere hundert Menschen am globalen Klimastreik teil. 28 Leipziger Gruppen beteiligten sich mit Aktionen in der Stadt.

    Stand man gestern gegen 13.30 Uhr vor dem Neuen Rathaus, konnte man nebeneinander die zwei großen Krisen unserer Zeit beobachten: Rechts schlängelten sich die Wartenden vor dem Corona-Schnelltestzentrum, links standen die etwa 90 Demonstrierenden des Globalen Klimastreiks. Als sie die Veranstaltung anmeldeten, konnten die Aktivist*innen der Leipziger Gruppe von Extinction Rebellion vom Testzentrum noch nichts wissen. Unglücklich sind sie darüber nicht. Immerhin konnten sie so das Publikum für ihre Aufführung vergrößern. Und während die Wartenden in der Schlange gegenüber luhze sagten, sie seien überrascht, fühlten sich nur Wenige gestört.

    Vor einem großen roten Tuch kürten Aktivist*innen von Extinction Rebellion unter Applaus die fünf leersten Versprechen der Leipziger Klimapolitik: die Verkehrswende, Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) als Präsident des Städtetages, umweltfreundliche Neubauprojekte, die Abkehr von fossiler Energieversorgung und zuletzt das Ausrufen des Klimanotstands. Letzteres belohnten sie mit einem Pokal, an dessen Spitze ein brennender Erdball klebte.

    Begonnen hatte der dezentral durchgeführte Klimastreiktag in der Propsteikirche. Unter dem riesigen Kreuz in der Kapelle beteten etwa 25 Personen für das Klima. Weit mehr Menschen kamen nachmittags auf dem Augustusplatz zusammen: Hier versammelten sich über 200 Personen, um für eine wirksamere Klimapolitik zu demonstrieren. Das Programm umfasste Redebeiträge, Infostände von Amnesty International, der Seebrücke und Prisma sowie Livemusik von Studierenden der Hochschule für Musik und Theater Leipzig.

    Zwei Stunden nach Beginn der Demo setzte ein heftiger Hagelschauer ein, der viele Besucher*innen zu den Unterständen trieb. Fred, einer der Demonstrierenden, blieb eisern mit seinem Schild mitten auf dem Augustusplatz stehen. „Ich werde so lange aushalten, wie ich kann“, sagte der Gebrauchtwagenhändler. Immerhin sei dieser Hagel im übertragenen Sinne auch etwas, wogegen er demonstriert – die zunehmenden extremen Wetterlagen durch die Erderwärmung.

    Gleichzeitig gab es mehrere Info-Stände der verschiedenen Klimagruppen Leipzigs auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz und einen nur spärlich befahrenen Pop-Up-Fahrradstreifen in der Südvorstadt. Nachmittags blockierten Aktivist*innen von Extinction Rebellion außerdem für mehr als eine Stunde den Ring vor dem Neuen Rathaus. Erst nachdem Klimabürgermeister Heiko Rosenthal (Die Linke) nahe der Blockade mit Aktivist*innen sprach, beendeten sie die Aktion. Auf Twitter begründete die Leipziger Ortsgruppe von Extinction Rebellion dies damit, dass der seit 2006 amtierende Rosenthal ihre Unzufriedenheit mit der Leipziger Klimapolitik teile.

    Und auch online konnte am Freitag gestreikt werden. Fridays For Future (FFF) organisierte überregional verschiedene Formate, bei denen Menschen sich mittels Videobotschaften oder Fotos beteiligen konnten. Es sei aber trotzdem gut und wichtig, dass auch im Jahr 2021 auf der Straße demonstriert werde, so Tom Richter, ein Sprecher von FFF Leipzig. Die Klimakrise habe ja nicht an Wichtigkeit verloren.

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