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  • „Es muss uns gelingen“

    Heiko Rosenthal ist seit seiner Wiederwahl im September nicht mehr nur Bürgermeister für Umwelt, Ordnung und Sport, sondern auch für Klima. Mit luhze sprach er über sein Amt und linke Klimapolitik.

    Heiko Rosenthal (Die Linke) ist seit 2006 Beigeordneter und Bürgermeister für Umwelt, Ordnung und Sport, im September hat ihn der Stadtrat für eine dritte Amtszeit wiedergewählt. Seitdem trägt er zusätzlich den Titel Klimabürgermeister. luhze-Redakteur Jonas Waack hat ihn zum Gespräch über Leipzigs CO2-Budget und die Handlungs­optionen einer Verwaltung getroffen.

    luhze: Erst einmal: Herzlichen Glückwunsch zur Wiederwahl. Sie sind seit 14 Jahren Umweltbürgermeister – hätten Sie gern früher mehr für den Klimaschutz getan?
    Rosenthal: Die Frage unterstellt, wir hätten nichts für den Klimaschutz getan, das stimmt nicht. Wir haben als Stadt sehr frühzeitig entschieden, dem Klimabündnis beizutreten. Wir haben uns im Rahmen dessen frühzeitig zu Senkungen der CO2-Emissionen verpflichtet und von 1990 an bis 2000 und 2010 nachweisen können, dass wir den CO2-Ausstoß pro Einwohner und Jahr um 50 Prozent gesenkt haben – mit den unterschiedlichen Ursachen, die damit zusammenhängen. Auch im bundesweiten Vergleich er­reichten wir einen aus meiner Sicht sehr guten CO2-Ausstoß.

    Wie steht Leipzig im bundesweiten Vergleich denn da?
    Wir sind im guten Mittelmaß.

    Sind Sie dann mit den letzten 14 Jahren Ihrer Amtszeit zufrieden?
    Ja, ich glaube, wir – alle Akteure, sowohl innerhalb des Rathauses als auch aus dem städtischen Unternehmensverbund – haben viel für den Klimaschutz getan.

    Ihre kommende Amtszeit geht bis 2027. Bis 2026 wird das CO2-Budget der Stadt für die Einhaltung der Pariser Klimaziele verbraucht sein. Schaffen wir es, das zu vermeiden?
    Durch das Sofortmaßnahmenprogramm aus dem Juli hat die Stadt für 2021/22 zusätzlich 20 Millionen Euro in die Hand genommen, um verstärkt Klimaschutz- und Anpassungsmaß­nahmen einzuleiten. Ein ganz wesentlicher Punkt ist zum Beispiel, auf alten Deponiestandorten Photovoltaikanlagen mit sehr großer Leistung zu errichten, um erneuerbare Energie auch auf dem Stadtgebiet zu erzeugen.

    Sehen Sie sich in einer persönlichen Verantwortung als Klimabürgermeister, dass Leipzig 2026 nicht sein CO2-Budget aufgebraucht haben wird?
    Das muss das große Ziel von uns allen sein. Es muss uns gelingen, mit dem Sofortprogramm, mit der Fortschreibung des Klima- und Energieprogramms, so viel Energie zu erzeugen – im übertragenen Sinne –, dass wir diese Klimaziele einhalten.

    Sie haben ein großes Dezernat mit Klima, Umwelt, Ordnung und Sport: Ist das eine Überforderung?
    Nein.

    Nein?
    Sonst hätte ich mich nicht beworben.

    Aber es ist eine Mammutaufgabe. Wäre es sinnvoll, Klima und Umwelt daraus auszugliedern?
    Nein. Insbesondere mit dem Sport- und Umweltbereich gibt es eine ganz wichtige Verzahnung. Wir haben breit und gut aufgestellte Ämter. Es ist kein Prozess, den nur ein Beigeordneter steuert. Da gibt es viele handelnde Menschen.

    Kann das Sofortprogramm die Verringerung der CO2-Emissionen sinnvoll vorantreiben, ohne dass die Wirtschaft strenger reguliert wird?
    Die Diskussion und Kritik hatten wir. Das Sofortprogramm richtet sich vor allem an die Stadtverwaltung und an die städtischen Unternehmen. Wir hatten dann die Debatte, inwieweit wir in Leipzig tätige Unternehmen lenken können. Da hat eine Kommunalverwaltung Gren­­zen. Wenn die Bun­des- oder Landesregierung nicht stärker reguliert, kann auch eine Kommunalverwaltung auf wirtschaft­lich­es Agieren nur bedingt Ein­fluss nehmen. Wenn ein Unter­nehmen am Standort Leipzig neu investiert, können wir natürlich über die Planung und Baugenehmigung Einfluss darauf neh­men, was an diesem Standort un­ter klimapolitischen Gesichts­punkten passiert. Wenn der Bund über die Baugesetzgebung Standards definiert, ist aber für das Unternehmen nicht mehr Pflicht als das. Wir können mit dem Investor in ein Tiefengespräch gehen und ihn dazu motivieren, mehr zu tun, ein Gründach anzubringen oder Photovoltaik zu installieren. So können wir Einfluss nehmen, aber nicht regulatorisch.

    Sie sind Mitglied bei den Linken. Wie sieht für Sie linke Klimapolitik aus?
    Man muss den ÖPNV so preiswert machen, dass er Menschen ermuntert, das Fahrzeug stehen zu lassen. Das ist aber nicht nur eine Preis-, sondern auch eine Verfügbarkeitsfrage. Wie weit ist die Haltestelle entfernt? In welcher Taktung fahren Bus oder Straßenbahn? Da haben wir in Leipzig noch Luft nach oben. Das Angebot muss verbessert werden und der Preis sinken, damit wir Menschen motivieren, umzusteigen. Das ist zutiefst sozial. Ein zweites Angebot ist der Leipzig-Pass für Geringverdiener, mit dem man ein Monatsticket für einen überschaubaren Preis bekommen kann. Es war eine ganz bewusste Entscheidung von Ver­waltung und Stadtrat, dass Men­schen mit einem schmalen Geldbeutel der ÖPNV offensteht. Da liegt die Gerechtigkeitspolitik: Jedem die Möglichkeit zu geben, das System zu nutzen.

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