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  • Dem Plot ausgeliefert

    „Die Wache“ ist ein skurriler Ort: Inkompetente Polizisten bedrängen einen Unschuldigen und begleiten ihn durch seine eigenen Erinnerungen. Der Staat macht, was er will, und das Drehbuch dreht frei.

    Fugain (Grégoire Ludig) hat Hunger. Am liebsten würde er wahrscheinlich wieder in seinem Bett liegen und Chips vor dem Fernseher essen, aber das geht nicht mehr, seit er gestern Abend seine Wohnung verlassen und einen Toten auf der Straße gefunden hat. Darum ist er jetzt auf der Polizeiwache, wo er Kommissar Buron (Benoît Poelvoorde) hinter seinem aktenbewehrten Schreibtisch wieder und wieder schildern soll, was passiert ist. Siebenmal habe Fugain das Haus in dieser Nacht verlassen, das könne die Nachbarin bezeugen, was er denn bitte getrieben habe? Also beißt Fugain in den sauren Apfel – beziehungsweise in die Schale der einen, mickrigen Auster, die der Kollege vom Mittagessen mitgebracht hat –, verdrängt seinen Hunger und erzählt Buron in ausführlichen Rückblenden von der vorigen Nacht. Dumm nur, dass der zwischendurch gehen muss und den noch inkompetenteren Philippe (Marc Fraize) zur Bewachung abstellt, der nur über seinen korrupten Vater zu seinem Job gekommen ist. „Auf mich ist Verlass“, sagt Philippe noch, bevor er Fugain so richtig in Schwierigkeiten bringt.

    Die Filmfigur Philippe, gespielt von Marc Fraize schaut eindringlich an der Kamera vorbei und hält ein Geodreieck in der Hand.

    Keiner ist inkompetenter als Philippe (Marc Fraize).

    Nachdem „Die Wache“ von Quentin Dupieux schon auf den Französischen Filmtagen zu sehen war, läuft der Film ab heute in den deutschen Kinos an. Der Film ist kein Kammerstück, er ist eine Abstellkammer: Die Decken hängen tief, die Wände sind fensterlos und wenn die Protagonisten aus dem Verhörzimmer oder der Wohnung im Plattenbau doch einmal kurz ins Freie treten, dann ist der Himmel grau oder die Sonne schon untergegangen. Fugain bleibt nur die Flucht nach hinten, in seine Erinnerungen vom Vorabend, die sich immer skurriler gestalten und auf einmal Menschen beherbergen, die er zu dem Zeitpunkt noch gar nicht kannte. Als Zuschauer ist man dem absurden Plot so ausgeliefert wie Fugain der Willkür der Staatsgewalt.

    Trotz einiger allzu beliebigen Wendungen sind Drehbuch und Schauspieler die Stärke des Films – seine Schwäche sind der einfallslose Slapstick und die müden Tittenwitze. Wer darüber hinwegsehen kann, der könnte an „Die Wache“ Gefallen finden.

    Ab 12. Dezember im Kino

    Fotos: Little Dream Pictures

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