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  • Unverschämt nachgefragt 2.0

    Wolltet ihr schon immer mal wissen, ob die Prüfungsaufsicht während der Klausur wirklich die ganze Zeit aufpasst und was eine Mensakassiererin über Studierende denkt? Wir haben die Antworten.

    Im April 2018 haben wir das erste Mal einen auf VICE gemacht und Mitarbeitern der Universität Leipzig Fragen gestellt, die man sich sonst nicht trauen würde, zu stellen. Ein Jahr später kommt nun die Fortsetzung. student!-Redakteurinnen Luise Mosig und Pia Benthin haben mit einer Kassiererin in der Mensa am Park, einer Studentischen Hilfskraft (SHK) in der Jura-Bib, einer SHK am Info-Punkt im Neuen Augusteum und einer Prüfungsaufsicht gesprochen.

    Mensakassiererin

    Stechen Sie mit Holzspießen in Nudelberge, um versteckte Steaks zu entdecken?
    Als es häufig vorkam, dass Steaks fehlten, hat das eine Kollegin ab und zu gemacht. Seitdem weisen Schilder darauf hin, dass Diebstahl angezeigt wird. Manchmal verschwinden auch Eier aus der Salatbar, deshalb kostet jedes Ei außerhalb des Salattellers 50 Cent. Betrachtet man den finanziellen und personellen Aufwand, der betrieben wird, bis ein Ei bei uns landet, ist das nicht zu viel verlangt. Die Hühner reißen sich dafür buchstäblich den Arsch auf! Manche Studenten denken wohl, alles sei für sie umsonst. Ist es aber nicht.

    Was ist das Schönste, was das Schlimmste an Ihrem Job?
    Ich mag die Abwechslung, ich habe mit allen möglichen Typen von Menschen zu tun. Ein paar Studenten kenne ich, seitdem sie neu im Studium waren – und jetzt haben sie Kinder. Zu schaffen macht mir der Geräuschpegel. Wenn ich nach Hause komme, brummt mir manchmal der Kopf.

    Was wünschen Sie sich von den Mensagängern?
    Mehr Umweltbewusstsein: Weniger auf den Teller packen, anstatt Essen wegzuwerfen, und auf Trinkhalme verzichten. Auch der Serviettenverbrauch sollte stark reduziert werden – dabei gibt es schon Hinweisschilder. In der Schnupfenzeit rupfen sich manche Studenten gefühlt eine ganze Taschentuchpackung aus dem Spender. Vielleicht wollen sie Geld beim Drogerie-Einkauf sparen. Das ist einfach dreist…

    SHK in der Jura-Bib

    Was war das Außergewöhnlichste, das dir in einer Schicht passiert ist?
    Vor allem in der Prüfungsphase ist der Konkurrenzkampf hoch. Letztens sind zwei Studentinnen nach der Öffnung reingerannt und haben sich um ein Buch gestritten. Seitdem gibt es neue Bücher nur bei uns am Tresen. Es gibt auch viele dreiste Jurastudierende, die 20 bis 30 Bücher einfach auf dem Platz hinterlassen. Manche reißen Seiten aus, andere pochen darauf, bis 22 Uhr in der Bib bleiben zu dürfen.

    Kennst du deine Stammgäste in der Bibliothek?
    Klar kennt man so seine Pappenheimer, in der Bib grüßt man sich dann auch. Komischerweise hat man auch so ein vertrautes Gefühl, wenn man die Leute dann in der Stadt oder woanders außerhalb der Bib trifft. Man kennt sich ja nur vom Sehen.

    Was war das coolste Bib-Outfit, das du gesehen hast?
    Der Klassiker sind Jogger und Adiletten, oder einfach sowas wie Stricksocken und ein chilliger Hoodie. Viele verbringen ja wirklich ihren ganzen Tag hier. Aber sowas wie Kissen mitbringen habe ich noch nicht gesehen. Es würde aber einigen nicht schaden, einen Kulturbeutel mitzubringen (lacht). Es kommt auch vor, dass Leute in der Bib einschlafen, vor allem nach dem Mittagessen.

    SHK am Info-Punkt im Neuen Augusteum

    Bist du manchmal genervt von den Touristen?
    Touristen informieren gehört zu meinen Aufgaben. Die Touris kommen am Wochenende, sonst sind es eher Studierende. Viele fragen: „Oh, was ist das hier?“ Manche brauchen auch einen Stadtplan oder wollen wissen, wie man zum MDR kommt. Die häufigste Frage ist: „Wo ist der Audimax?“ Dabei ist der Info-Punkt direkt davor! (lacht)

    Was machst du, wenn dir langweilig ist?
    Oft kümmere ich mich um organisatorische Dinge wie Namensschilder für Veranstaltungen drucken oder Merchandise-Produkte auspacken. Aufgeräumt werden muss auch. Ich freue mich immer, wenn jemand vorbeikommt, den man kennt und der grüßt. Ein gutes Miteinander ist wichtig.

    Bist du in deiner Freizeit auch ein „Info-Punkt“?
    Für Freunde manchmal schon, so häufig passiert das aber auch nicht. Ich habe ja hauptsächlich Ahnung vom Info-Punkt, das sind sehr oberflächliche Fakten zu Nischenthemen. Es kommen dann eher Fragen, wo Räume sind oder zum PC-Pool, also Dinge mit Unibezug. Aber ich gebe nicht ständig privat Auskunft über Unikram.

    Prüfungsaufsicht

    Leidest du während einer Prüfung mit den Studierenden?
    Aufgeregt bin ich schon, ich studiere ja selbst. Aber als Aufsichtsperson muss ich ruhig blei­ben, die Studierenden sind aufgeregt genug. Vor allem am Anfang einer Prüfung ver­suche ich, zu beruhigen. Ich versuche auch, oft zu lächeln, um Ruhe auszustrahlen. Ich sehe mich auf einem Level mit den Studierenden.

    Passt du bei den Prüfungen, die du beaufsichtigst, wirklich die ganze Zeit auf?
    Aufmerksam bin ich schon. Aber ich bin keine Person, die rumläuft und den Studierenden über die Schulter schaut. Ich lese auch oder lerne. Ich versuche, nicht am Handy zu sein, da man eine Vorbildfunktion hat. Man muss seine Balance finden, wie viel Autorität man ausstrahlt. Ruhe ausstrahlen statt Autorität ist mein Motto.

    Würdest du Antworten vorsagen, wenn dich in der Prüfung jemand darum bittet?
    Es ist wirklich schwer, wenn man zwischen beiden Seiten steht. Antworten vorsagen würde ich nicht. Ich denke, dass die meisten das von mir nicht erwarten. Manche sehen sich aber auffällig um. Da geht es um Balance, die man als Aufsicht finden muss. Als Lehramtsstudent ist das eine gute Berufsvorbereitung.

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