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  • Stolperfalle Supermarkt

    Der Wocheneinkauf kann echt herausfordernd sein, findet Kolumnist Eric. Mit einer EU-Verordnung soll nun für mehr Transparenz gesorgt werden – sehr zur Freude der Fleischindustrie.

    Seit zwei Wochen können mal wieder die kreativsten Wortspiele ausgepackt werden. Denn es geht schließlich um die Wurst. Ja, das „Wurst-Case-Szenario“ droht, von der neuen „Hackordnung“ in der EU gar nicht erst zu reden. Eine Mehrheit aus Rechtsaußen-Fraktionen und Teilen der konservativen EVP-Fraktion haben für das Verbot gestimmt, Begriffe wie Wurst und Schnitzel für Fleischersatzprodukte zu verwenden. Damit wolle man den Verbraucherschutz stärken, wie die EVP-Abgeordnete Céline Imart erklärte. Zudem sollen mit dem Begriffsverbot Landwirt*innen geschützt werden. Hersteller pflanzlicher Lebensmittel könnten nun nicht mehr versuchen, den Ruf tierischer Lebensmittel, den die Landwirt*innen über Generationen aufgebaut hätten, für die Vermarktung von Konkurrenzprodukten zu nutzen.

    Die Fleischindustrie? Ist wurstlos glücklich.

    Die Soja-Stange im Blick

    Es ist schon rührend, dass endlich die böse Veggie-Stolperfalle beseitigt werden soll. Der mündige Mensch muss schließlich vor der großen Gefahr geschützt werden, aus Versehen eine Erbsen-Frikadelle – pardon: einen Erbsen-Bratklumpen – zu verzehren. Denn: Transparenz im Supermarkt ist wichtig. Konsequent zu Ende gedacht müssten wir uns dann aber auch vom Leberkäse verabschieden. Als naiver Verbraucher könnte ich ja auf den Gedanken kommen, dass es sich bei diesem Produkt um ein Molkerei-Erzeugnis handelt – heißt ja schließlich Käse. Eine fiese Überraschung kann einem auch das Überraschungsei bereiten, wenn man auf der Suche nach den Zutaten für die Weihnachtsbäckerei ist. Und wo ist eigentlich das Gestein im Marmorkuchen? Ich fühle mich verarscht.

    Wie man sieht, kann ein Gang in den Supermarkt schon echt gefährlich sein, denn schließlich wird belogen und betrogen. Man denke nur an die ganzen Fruchtsäfte, die einem die komplette Vitamin-Gesundheits-Power versprechen, oder an jeden Kinderfruchtjoghurt, der die Knochen stark macht – enthält ja schließlich viel Calcium. Nicht zu vergessen sind natürlich alle konventionellen Tierprodukte, auf denen Kühe, Schafe und Co. glücklich auf den grünen Weiden von Irland, der Schweiz und Was-weiß-ich-wo grasen, das perfekte Tierleben lebend.

    Doch zurück zu den Fleischalternativen. Sollte die Gesetzesinitiative die Verhandlungen mit den 27 Mitgliedstaaten überstehen, müssen neue Namen für die Ersatzprodukte her. Freut ihr euch schon auf die Soja-Stange? Vielleicht schmeckt euch auch die panierte Lupinen-Scheibe? Die Kicherdelle oder das Knusper-Linsen-Blatt schlagen sich auf jeder Grill-Party bestimmt auch tapfer. Und Hafer-Gekrümeltes peppt jede Gemüsepfanne auf. Mein persönliches Highlight ist aber immer noch das Nichtz’l, das Nicht-Schnitzel.

    Auch wenn die Fleischindustrie mal wieder mehr Grund zum Festmahl hat als die Verbraucherzentrale: Bon appétit, ihr Gourmets! Denn immerhin: Kaufen und konsumieren darf man die Fleisch-Ersatzprodukte auch weiterhin – egal wie sie heißen.

    Titelbild: Franki Chamaki/Unsplash

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