Erfolg des Studentischen Protestes gegen Kürzungen – trotzdem: Studentenwerke unterfinanziert
Haushalt ist in Zahlen gegossene Politik. Im Haushaltsentwurf der CDU-SPD-Minderheitsregierung sollte es eine massive Mittelkürzung für die Studentenwerke geben. Dagegen regte sich Widerstand.
Studierende mit eigenem Haushalt leben mehrheitlich in Armut, genauer: 77 Prozent laut statistischem Bundesamt. Sie sind auf die Angebote der Studentenwerke zur Existenzsicherung während des Studiums angewiesen.
Kürzungspolitik der sächsischen Staatsregierung entfachte Protest
Der Stura der HTW Dresden rief gegen den sächsischen Haushaltsentwurf zum Protest auf. „SaveourStuwe“ war das Motto der Aktion. Der Sozialistisch-Demokratischer Studierendenverband (SDS) schloss sich an. In Leipzig organisierte er im Juni eine Aktionswoche gegen den geplanten Haushalt mit Vorträgen und Diskussionen.
Auf einer Kundgebung während der Aktionswoche am 23. Juni in Leipzig beschrieb Kilian Fürstenau (SDS) die Lebenssituation vieler Studierender: „Die Miete ist in den letzten zwei Jahren um etwa 100 Euro gestiegen! Die Lebensmittelpreise sind kaum noch bezahlbar! Und die Reallöhne – gerade in den Studi-Jobs – sind kleiner geworden! Viele Studierende leben ja jetzt schon unterhalb der Armutsgrenze.“ Ein Mitglied von „Studierende gegen Krieg und Sozialabbau“ setzte die Kürzungen im Landeshaushalt, in seiner Rede, in den Kontext der bundesweiten Militarisierung: „Für uns ist klar: Jeder Euro, der bei uns bleibt, ist ein Euro, der nicht für Waffen und Aufrüstung ausgegeben werden kann.“
Die Studierenden waren sich einig: keine Kürzungen für die Studentenwerke, sie sind eine soziale Errungenschaft gegen die Verarmung von Studierenden, um Chancengleichheit zu ermöglichen. 1921 wurden sie durch Studierende gefordert und erkämpft!
Heiße Diskussion um Doppelhaushalt für Sachsen
Am 26. Juni beschloss die Minderheitenregierung aus CDU und SPD den Landeshaushalt für zwei Jahre. Die Landesfinanzen sind geschwächt durch Löcher aus der Coronakrise, durch den ausbleibenden wirtschaftlichen Aufschwung danach, durch die Inflation und fortschreitende Deindustrialisierung. Allein 2024 stiegen die Insolvenzverfahren für Unternehmen in Sachsen um 16,1 Prozent auf 867 Betriebe, schreibt die Staatsregierung selbst auf ihrer Webseite. Das Einnahmedefizit im Doppelhaushalt beträgt vier Milliarden Euro insgesamt bei einem Ausgabevolumen von 50 Milliarden Euro.
Alle Oppositionsparteien hatten Änderungsbegehren. Die AfD forderte in ihrem Änderungsantrag zum Haushalt, kam mit den Forderungen keine weitere Verschuldung in Kauf zu nehmen, eine sofortige Rückzahlung der Coronakredite von allen und umfassenden Personalabbau.
Die Grünen und Die Linken verhandelten mit der Staatsregierung um insgesamt 240 Millionen Euro weniger Kürzungen insbesondere im Bildungs-, Sozial- und Umweltbereich. Dem BSW ging das nicht weit genug, denn es bleibt ein Sparhaushalt, der den Abbau und die Zerstörung in allen Bereichen weiter vorantreibt. Die Kommunen seien der große Verlierer, ihre Notlage werde sich weiter verschärfen. „Es bleibt ein „Weiter so!“, kein Aufbruch – eine Verwaltung des Niedergangs“, erklärte Sabine Zimmermann (BSW).
Bei den Studentenwerken sollte massiv gekürzt werden. Was würde dann aus den im Hochschulgesetz verankerten Aufgaben zur Versorgung von Studierenden? Verteuerung des Mensaessens und der Wohnheimplätze trotz sinkender Einkünfte der Studierenden, damit wäre auch das Prinzip der Unterstützung der Studierenden zur Existenz ad absurdum geführt.
Aber es gibt weitere Aufgaben, die nicht mit Einnahmen aus Semesterbeiträgen, Mieten und Mensaerlösen gegengerechnet werden können. Das sind zum Beispiel die psychosozialen Beratungen – auch hier steigt der Bedarf. Jobvermittlungshilfe, Kulturangebote – die Zuschüsse des Freistaats Sachsen decken nur 28,5 Prozent der geplanten Ausgaben für 2025 und 30 Prozent für 2026. Auch in den Jahren davor deckten die staatlichen Mittel nur 25 bis 30 Prozent des Ausgabevolumens. Diese chronische Unterfinanzierung widerspricht dem Hochschulgesetz, denn es gibt keine Garantie, dass die Studentenwerke die Aufgaben adäquat erfüllen können. (Siehe Haushaltsplan 2025/2026 – Einzelplan 12)
Nach dem breiten Protest werden insgesamt zehn Millionen Euro (5 Millionen Euro mehr pro Jahr) mehr als im Haushaltsentwurf vorgesehen. Die Zahlen weisen trotzdem Defizite aus.
Zahlen, die die Situation der Studentenwerke beschreiben – nichts ist rosig
„Die Wartelisten für Wohnheimplätze zum Wintersemesterbeginn werden immer länger. Konnten wir vor ein paar Jahren Bewerber*innen mit Semesterbeginn noch Plätze im Nachrückverfahren anbieten, so konnten wir in 2023 und 2024 nicht mehr allen Bewerber*innen einen Wohnheimplatz zum Anfang Oktober anbieten. Dies betraf rund 800 bis 1000 Bewerber*innen“, erklärte Andrea Diekhof, Geschäftsführerin des Studentenwerkes Leipzig im Gespräch. In Leipzig studieren circa 40.000 Personen – das Studentenwerk bietet aber gerade einmal rund 5.200 Wohnheimplätze an. Der aktuelle Jahresbericht von 2024 weist eine Auslastung von 96,7 Prozent im Jahresdurchschnitt aus. Neu ist auch: „Am freien Wohnungsmarkt in Leipzig wird bezahlbarer Wohnraum in Hochschulnähe immer knapper. Das hat zur Folge, dass Studierende mit begrenztem Budget – darunter Bafög-Empfänger*innen und internationale Studierende – zunehmend auf die Angebote des Studentenwerkes Leipzig angewiesen sind.“, analysierten Sabrina Jans und Stefanie Dietz den Leipziger Wohnungsmarkt im aktuellen Jahresbericht des Studentenwerks. Diekhof stellte diesbezüglich in Aussicht: „Wir versuchen derzeit, ein Grundstück für einen Studentenwohnheim-Neubau zu finden. Dazu führen wir Gespräche mit der Stadt Leipzig und dem Freistaat Sachsen. Einen Neubau zu bezahlbaren Mieten können wir nur mit Fördermitteln bewerkstelligen; hier stellt das Bund-Land-Förderprogramm Junges Wohnen eine große Chance dar. Bis ein Neubau steht, dauert es allerdings ab Projektentscheidung circa vier Jahre.“
Weiter informierte die Geschäftsführerin: „Im Zeitraum von Mitte 2022 bis Anfang 2025 betrug die durchschnittliche Erhöhung der Warmmieten in den Studentenwohnheimen 60 Euro pro Platz im Monat.“ Die Mietpreise erhöhten sich also auch bei den Studentenwerken. „Die Durchschnittswarmmiete für einen unserer Studentenwohnheimplätze liegt zurzeit bei 305 Euro pro Monat inklusive Nebenkosten und Möblierung“, so die Geschäftsführerin. Damit kam es seit Mitte 2022 bis Anfang 2025 zu einer Erhöhung der Warmmieten um durchschnittlich 24,5Prozent. Mit den aktuellen 305 Euro liegen die Mietpreise noch im Rahmen der Wohnkostenpauschale des Bafögs von 380 Euro. Auf dem freien Wohnungsmarkt ist das längst nicht mehr der Fall, dort liegt der durchschnittliche WG-Warmmietpreis – ohne zusätzlichen Komfort – laut der Website Studis-online in Leipzig bei circa 400 Euro. In Einzelfällen bedeuteten zu hohe Mieten, dass Studierende ihr Studium abbrechen, erklärte Diekhof im Interview.
Ein weiterer wichtiger Bereich studentischer Unterstützung zur Lebenshaltung sind die Mensen. „Dass wir nur wegen des Verzichts auf Gewinne deutlich günstigere Essenspreise hinkriegen, so einfach ist es leider nicht“, sagt Diekhof. „Wir sind im Mensenbereich stark auf die finanzielle Unterstützung aus Landeszuschüssen des Freistaates Sachsen und aus Semesterbeiträgen der Studierenden angewiesen. Zur Finanzierung von Wareneinsatzkosten und Personalkosten werden vor allem Essenserlöse und Semesterbeiträge herangezogen. Zur Finanzierung der Gebäude, der Infrastrukturvorhaltung und -betreibung sowie der Instandhaltung werden Zuschüsse des Freistaates benötigt.“ Die Finanzierungslücke im Haushaltsentwurf der CDU-SPD-Landesregierung hätte höhere Mensapreise beziehungsweise weitere Semesterbeitragserhöhungen oder Leistungskürzungen von den Studentenwerken erzwungen. Jetzt, mit der beschlossenen Erhöhung der Zuschüsse zum laufenden Betrieb sei eine bedarfsgerechte Finanzierung gesichert, so die Geschäftsleitung.
Ende gut – alles gut?
Noch ist unklar, wie sich der Haushalt konkret auf die Ausgabemöglichkeiten der Studentenwerke auswirken wird. Die richtige Balance zwischen Kostendruck und Unterstützung von Studierenden zu finden, bleibt für Studentenwerke ein permanenter Konflikt. Die soziale Kürzungspolitik der Bundes- und Landesregierungen trifft auch die Aufgaben der Studentenwerke. Alles muss kostendeckend bleiben – weshalb bereits eine Kita des Studentenwerkes im Stadtteil Dösen-Dölitz März 2025 geschlossen wurde. Es bleibt kein Spielraum für Daseinsvorsorge – Studentenwerke müssen wie privatrechtliche Unternehmen agieren, obwohl sie Anstalten öffentlichen Rechts sind. Steigende Kosten bzw. sinkende und zu niedrige staatliche Mittel werden durch Preiserhöhungen auf die Studierenden abgewälzt.
Titelbild: SaveourStuwe


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