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  • „Räume für Träume“ – ein Zeichen gegen Angriffe auf Leipzigs Kulturszene

    Leipzigs Kulturszene ruft zu Protest auf: Am 20. September 2025 findet die diesjährige Global Space Odyssey (GSO) statt, um ein Zeichen gegen die momentane Bedrohungslage der Freien Szene zu setzen.

    Die Freie Kulturszene Leipzigs sei das Herz der Stadt, betonen die Veranstalter*innen der Global Space Odyssey in ihrem Demo-Aufruf. Doch eben dieser bunte und vielfältige Kern, der Leipzig als Stadt lebenswert mache, steht aus verschiedenen Richtungen unter Beschuss. Die Bedrohungslage für Akteur*innen der Freien Szene zeichnete sich bereits mit Kommunalwahlen in Sachsen vergangenen Jahres, in deren Zuge mitunter ein neuer Leipziger Stadtrat gewählt wurde, ab: Die hohen Wahlerfolge der AfD erschütterten viele Akteur*innen der Szene und bereiteten Sorgen mit Blick auf die Kulturpolitik, wie der MDR im Anschluss an die Wahlen berichtete.

    So ist etwa dem Kulturprogramm der Leipziger AfD-Fraktion von 2023 zu entnehmen, dass „linksextreme (…) Einrichtungen, die sich unter dem Deckmantel der ‚freien Kulturszene‘ verstecken“, die Förderung entzogen werden müsse. In Leipzig äußerten sich die veränderten Mehrheiten dann bereits im Dezember 2024: Ein Antrag vom BSW mit Unterstützung von CDU und AfD zu finanziellen Kürzungen bei der Nato, dem Werk 2 sowie Conne Island mit dem Vorwurf, die drei Kulturinstitutionen würden „Cancel Culture“ betreiben und die Stadtgesellschaft spalten, sorgte für Aufruhr. „Diese Situation im Stadtrat ist eine beunruhigende, die uns große Sorgen bereitet“, so Anne Petzold, die Koordinatorin des Nachtrat Leipzig, der die diesjährige Global Space Odyssey mit veranstaltet.

    Anhaltende Ungewissheit für Kulturakteur*innen

    Obgleich der Antrag zu fraktionsinternen Spannungen innerhalb des BSW führte und anschließend entschärft wurde, wie der Kreuzer Mitte Dezember 2024 berichtete, bleibt die Bedrohungslage bestehen; die Angst, dass Fördergelder in Zukunft gestrichen werden, sei real, betont Petzold. Auch aktuell ist die finanzielle Lage für Leipzigs Kulturszene angespannt: Ausgangslage dafür ist die ausbleibende Genehmigung des Leipziger Doppelhaushalts für 2025/2026. Grund für diese anhaltende Sperre des Haushaltes, die diesen Monat aufgelöst werden solle, seien die hohen Schulden der Stadt, so der MDR. Petzold berichtet, dass durch diese Haushaltssperre alle freiwilligen Ausgaben der Stadt, zu denen auch Kultur zähle, bis Ende 2025 einzeln freigegeben werden müssten. Anträge auf Finanzierung, die unter Vorbehalt bewilligt worden seien, würden dann eventuell nicht ausgezahlt. Daraus ergebe sich die absurde Situation, dass Anträge für 2026 aktuell bereits gestellt werden müssen, für dieses Jahr aber noch keine finanzielle Klarheit da sei. Stadtteilfeste müssten dadurch abgesagt und Projekte verkleinert werden, Honorare würden nicht ausgezahlt werden können.

    Die Aussagen Petzolds decken sich hier mit Berichten der LVZ und des MDR, die von der Verunsicherung bei Projekten am Lofft-Theater, dem Hörspielsommer oder dem Seanaps-Festival, das im Zuge der eingefrorenen Finanzierung dieses Jahr gar abgesagt werden musste, schreiben. „Diese Haushaltssituation bringt eine richtig große Unsicherheit für alle projektfinanzierten Kulturveranstaltungen mit sich“, betont die Nachtrat-Koordinatorin. „Im ländlichen Raum Sachsens ist die Situation jedoch weitaus ernster, kommunale Gremien streichen teilweise gänzlich die Fördergelder für etablierte Vereine und Kulturakteur*innen, die oft ein wichtiger Bezugspunkt gerade für die jungen Menschen sind.“ Hier in Leipzig seien die Umstände noch in Ordnung. Klar sei das mit den Geldern besorgniserregend, aber „wir haben immer noch sehr viele demokratische Kräfte in unserem Stadtrat und der Stadtverwaltung, die hinter uns und unserem Anliegen stehen“, hebt Petzold hervor.

    Kultur ist politisch: Kulturelle Räume als demokratische Grundpfeiler

    Neben dem Konter gegen rechte Angriffe und Kulturpolitik soll im Rahmen der GSO auch die sich ausbreitende Gentrifizierung und Verteuerung der Mietpreise angekreidet werden. Unter den steigenden Mieten, die durch die wachsende Stadt entstehen, würden insbesondere Kulturräume teurer und weniger werden. Daraus ergebe sich das Motto „Räume für Träume – Reclaim the Space“ der diesjährigen Global Space Odyssey, die 2008 erstmalig und damals noch mit dem Anliegen der Cannabis-Legalisierung stattfand.

    „Wir wollen mit der Global Space Odyssey zeigen, dass Kunst und Kultur dazu gehören, dass wir ein integraler Bestandteil der Stadt sind und dazu beitragen, dass Leute zusammenkommen, sich begegnen, sich austauschen können, dass Vielfalt ein hohes Gut ist.“ Die Bedrohung der Räume und Einschränkung des Kulturprogramms würden auch die Grundlage einer demokratischen Gesellschaft und Orte der demokratischen Willensbildung beschneiden, beklagt Petzold.

    GSO am 20. September: Ein Zeichen für die vielfältige Kulturlandschaft Leipzigs

    Um genau dies der Gesamtheit der Stadtpolitik und der Bevölkerung, die die Politiker*innen schließlich wähle, aufzuzeigen, soll am 20. September ab 14 Uhr ein bunter Demonstrationszug von der neuen Distillery an der Alten Messe aus durch die Stadt ziehen. Die GSO-Mitorganisatorin bekräftigt: „Wir wollen zeigen, dass die Szene wichtig in Leipzig ist, die Szene ist groß. Wir sind da und machen uns stark gegen die Bedrohungsversuche und die unsichere Finanzierungssituation.“ In diesem Sinne werden Kollektive und Kulturinstitutionen aus Leipzig, wie etwa das Pinkcloud-Kollektiv, das elipamanoke oder Fem*Vak und Sachsen-Trance, die Parade mit eigenen Wägen begleiten.

    Titelbild: Global Space Odyssey e.V.

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