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  • Kann man da noch was sabotieren?

    Eine neue Beziehung oder Freundschaft ist etwas Gutes, nicht? Etwas zum Freuen, etwas, das für Glück und Frieden in der Innenwelt eines Menschen sorgen sollte.

    Ich spreche sicherlich nicht nur für mich selbst, wenn ich sage, dass es sehr schwierig sein kann, sich in erster Linie in Ruhe zu freuen. Als sich vor kurzem bei mir eine neue Tür geöffnet hat, ohne sich direkt wieder zu schließen, war mein erstes Gefühl vielleicht freudige Überraschung, diese hat jedoch nur kurz angehalten. 

    Mich selbst zu sabotieren, wenn ich für die Uni lernen muss, ist nervig, keine Frage. Ich fange etwas an, lasse mich irgendwie von negativen Gedanken lenken, bis hin zur finalen Ablenkung und schaffe dann nichts mehr, weil ich mich schon wieder mit zig anderen Dingen beschäftige und die Uni dann aufschiebe. Bei zwischenmenschlichen Beziehungen ist das weitaus frustrierender. „Wie bitte, was?

    Musik hilft beim Gedanken abschalten Foto: privat

    Du bist jetzt schon eine Woche lang freundlich und rücksichtsvoll mir gegenüber gewesen? Du hörst mir zu und erachtest meine Gefühle als wichtig? Einfach so, wo ist der Haken?“ waren meine Gedanken, und sind es auch jetzt noch in geringerem Ausmaß. Dieser Umgang mit einer neuen Person in meinem Leben lässt sich auch nach etwas Zeit nicht so einfach ablegen. Es fühlt sich an, als würde etwas auf eine*n lauern und natürlich will mensch unter diesen Umständen den Schutz, die Vorsicht nicht ablegen. Gleich bricht es zusammen, gleich kommt der große Fall, der unvermeidlich ist, nicht wahr? Die Person überlegt es sich plötzlich anders oder irgendeine andere Katastrophe tritt ein, die das Schöne und Gute wegreißt und es in etwas Schlechtes verwandelt. 

    Mit Selbst-Sabotage bin ich bestimmt nicht alleine. Zum Glück war ich, bevor sich für mich diese neue Tür geöffnet hat, schon in der Lage dazu, mich selbst zu reflektieren. Dieses Katastrophen-Denken war mir schon bekannt, etwas rein Gutes zu haben scheint irgendwie traumhaft, nicht fassbar. Mit etwas Stolz kann ich mittlerweile sagen, dass ich es schaffe, diese Gedanken und Gefühle größtenteils als Gedanken und Gefühle zu belassen. Irgendetwas Schönes wegzustoßen, einfach aus dem Grund, dass es schön ist? – an dem Punkt bin ich nicht mehr. Der Instinkt ist trotzdem da und es fühlt sich seltsam an, sich selbst mal symbolisch in den Arm zu nehmen und zu sagen „Es ist okay, wir können das ablegen“. Sich daran zu erinnern, dass die schlimmsten Katastrophen, die mensch sich ausmalen kann, in der Regel doch ziemlich unrealistisch sind, kann etwas trösten. 

    Kontrolle zu haben über alles, was im eigenen Leben passiert, ist eine Illusion. Ich bin froh, in der neuen Person, die ich kennengelernt habe, jemanden gefunden zu haben, mit dem ich offen kommunizieren kann, ohne auf defensives Verhalten oder Wut zu stoßen. Viel Arbeit muss mensch an sich selbst machen, aber Leute, die eine*n dabei unterstützen, können es weitaus einfacher machen. 

    Wenn ich jetzt Fortschritte darin mache, meine Selbst-Sabotage in zwischenmenschlichen Beziehungen zu verringern, vielleicht auch bald in anderen Bereichen? Ich bin mir sicher, dass sich Erlerntes wechselseitig beeinflusst und Erfolge in einem Rahmen auch dabei helfen können, Erfolge in anderen zu erzielen. 

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