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  • Überblick über studentische Senatskandidierende

    Die Hochschulwahl steht an! luhze war mit dem Spitzenkandidat*innen für das Amt der studentischen Senator*innen im Gespräch über Ziele, Motivationen und ihre Wege in die Hochschulpolitik.

    Wer in der letzten Woche in sein*ihr Unimailpostfach geschaut hat, ist vielleicht über eine Wahlbenachrichtigung für die Hochschulwahlen gestolpert.

    Am 21.06.2022 dürfen alle Studierenden ihre Stimme für die studentische Vertretung im Senat abgeben.

    Für Kurzentschlossene und Interessierte hat luhze mit den Spitzenkandidat*innen der fünf aufgestellten Listen gesprochen – also geht wählen!

     

    „Ein Studium sollte sich den Studierenden anpassen und nicht umgekehrt“
    Leona Krause für „Juso-Hochschulgruppe: Die SoziaLISTE”

    Leona ist 21 Jahre alt, studiert im sechsten Semester Wirtschaftswissenschaften und kandidiert über die Juso-Hochschulgruppe auf dem ersten Platz der „SoziaLISTE“.

    Politik ist für sie in erster Linie Leidenschaft. Im Alter von 15 Jahren begann sie sich zu politisieren: „Gerade die EU-Flüchtlingspolitik und die Schuldzuweisungen einiger Politiker*innen gegenüber bestimmten Teilen der Bevölkerung machten mir bewusst, wie wichtig eine Sozialpolitik ist, die alle Menschen einbezieht.“ Ihr Weg führte sie zu den Jusos, der Jugendorganisation der SPD, bei der sie nach wie vor Mitglied ist und für die sie jetzt über die SoziaLISTE aufgestellt wird. Bis vor kurzem verband sie als Landeskoordinatorin der Juso-Hochschulgruppen Sachsen Landtagsfraktion, die Studierendenvertretungen und Jusos in der Bildungspolitik. Dabei wurde ihr bewusst, dass auch an der Universität Leipzig Kanäle fehlen, die die Studierendenschaft über hochschulpolitische Ereignisse informieren und zur Mitarbeit motivieren.

    Durch ihre Aufgaben im Fakultätsrat der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät und im erweiterten Senat merkte sie schnell: Die wirklich wichtigen Dinge passieren im Senat. Trotzdem weiß sie, dass die Studierendenschaft hier klar in der Unterzahl ist: „Studentische Stimmen werden zwar gehört, aber oft überhört.“ Sie setzt deshalb auf Überzeugung durch Kooperation und transparente Kommunikation mit den Senatsmitgliedern.

    Die Finanzierung guter Lehre mit interdisziplinärer Ausrichtung ist ein wichtiges Themenfeld für Leona. Genauso möchte sie sich im Senat für die Etablierung von Nachhaltigkeits- und Digitalisierungsstrategien einsetzen. Sie wünscht sich ebenso eine Flexibilisierung des Studienverlaufs, der Raum für persönliche Entwicklung und Bedürfnisse lässt: „Ein Studium sollte sich den Studierenden anpassen und nicht umgekehrt“. Gerade für Studierende, die nebenbei arbeiten müssen oder andere Verpflichtungen haben, sei es oft nicht möglich, in Vollzeit zu studieren. Auch barrierefreie Gebäudearchitektur und Lehrveranstaltungen sowie eine Interventionsstelle für Opfer sexualisierter Gewalt seien Notwendigkeiten, zu denen alle Studierenden einen Zugang haben sollten. „Ein Mehraufwand, den die Uni stemmen können sollte“, betont Leona.

     

    „Formate und Strukturen etablieren um Zugang zum Studium zu erleichtern“

    Elena Heier für „Feministische Liste“

    Elena Heier ist 24  Jahre alt und studiert im elften Semester Informatik. Im Rahmen der Senatswahlen tritt sie für die „Feministische Liste“ auf dem ersten Platz an, um eine feministische Perspektive ins Gremium zu tragen. In ihrem Studium merkte sie wie stark FLINTA* (Frauen, Lesben, Inter-, Nicht binäre und Trans) Personen an der Uni unterrepräsentiert sind: „An meinem Institut ist der Frauenanteil der Professuren bei null Prozent“.

    Über den Fachschaftsrat der Informatik nahm sie seit 2019 am Plenum des Stura (Student_innenrat der Uni Leipzig) teil, wo sie auch ein Bewusstsein für fakultätsübergreifende Probleme gewann. Im Fakultätsrat für Mathematik und Informatik setzte sie sich im letzten Semester für die Weiterführung der Freiversuchsregelung ein und gewann Selbstbewusstsein in der Arbeit als studentische Vertreterin.

    Als Senatorin möchte sich Elena verstärkt für die Förderung von FLINTA* Personen einsetzten und Sensibilisierung für jegliche Form der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit schaffen. „Die Einrichtung einer anonymen, unabhängigen Meldestelle für jegliche Formen der Diskriminierung und sexualisierter Gewalt wäre ein wichtiger Schritt“. Auch an angemessenen Angeboten  zur psychische Unterstützung würde es in weiten Teilen fehlen.

    Die Pandemie habe gezeigt, dass es oft an Kommunikation zwischen Universitätsleitung und Studierendenschaft mangle, was zusammen mit uneinheitlichen Regelungen zu Verunsicherung in der Studierendenschaft führte. Sie habe aber auch deutlich gezeigt, dass digitale Lehre möglich ist: „Formate wie Vorlesungsvideos, Streams und weiteren Lehrmaterialien könnten auch über die Pandemie hinaus eine Möglichkeit sein, um beispielweise Personen mit chronischen Krankheiten einen Zugang zum Studium zu erleichtern.“

    Im Senat zählt sie auf eine produktive Zusammenarbeit mit den anderen Senator*innen. Dennoch ist sie sich auch ihrer eingeschränkten Entscheidungsmacht in dem stark professoral geprägten Raum bewusst: „Auch wenn es wichtig ist, dass die einzelnen Statusgruppen unterschiedliche Interessen vertreten, muss auf die Dysbalance hingewiesen werden, die wir als Studierende im Diskurs erleben, daher ist Zusammenarbeit umso wichtiger.“

     

    „Es kommt darauf an, die Universität auch für künftige Generationen besser zu gestalten.“

    Jonathan Zachrau für  „Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS)“

    Jonathan Zachrau ist 21 Jahre alt, studiert Mathematik und Germanistik auf Lehramt und ist seit 2021 beim Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS). Er ist Spitzenkandidat für die anstehenden Senatswahlen. Zudem wirkt er im RCDS-Bundesgremium für Kampagnen, Gruppen und Social-Media mit.

    Seine Twitterbio ziert der Satz „Ich bin ein Teil jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.“ Jonathan erklärt, dass er damit ironisch auf das weiterverbreitete negative Image konservativer Ideen reagieren wollte, die aus seiner Sicht viele Menschen weiterbringen könnten.

    In seiner politischen Arbeit verfolgt er einen langfristigen Ansatz. „Viele Studis wollen ja gar nichts verändern, weil sie sagen, wir sind ohnehin nur für ein paar Jahre an der Uni. Aber es kommt darauf an, die Universität auch für künftige Generationen besser zu gestalten.“

    Ein Themenschwerpunkt, für den Jonathan sich im Senat einsetzen will, ist die Digitalisierung. Insbesondere die Pandemie habe gezeigt, dass einige Dinge verbessert werden müssten.

    Ein weiterer Fokus bildet für ihn das Thema Inklusion. „Es scheitert schon daran, dass nicht alle Gebäude der Universität barrierefrei zugänglich sind. Inklusion heißt auch, dass jede mögliche Beeinträchtigung mitgedacht wird.“ Zudem bräuchte es eine eigene Homepage, die die wichtigsten Informationen für Menschen mit Behinderung enthalte. „In der Albertina, im Gesellschaftswissenschaftlichen Zentrum und in der Juristenfakultät gibt es zudem kein Blindenleitsystem“, erklärt er.

    Die dritte Kernthematik lässt sich unter dem Stichwort „Antiextremismus“ zusammenfassen. „Das ist im Zusammenhang mit der vergangenen Hörsaalbesetzung ein sehr aktuelles Thema.“ Im Mai hatte die klimapolitische Gruppe „Letzte Generation“ das Audimax der Universität besetzt, um ihren Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen. Eine Räumung wäre hier aus Jonathans Perspektive die angemessene Reaktion gewesen. „Für extreme Ideologien sollte es keinen Platz auf diesem Campus geben“, führt er aus. Jonathan ist für einen respektvollen Dialog auf Augenhöhe. „Aber ich möchte dafür werben, dass Extreme hier nichts verloren haben.“

     

    „Ich möchte meine Ideale nicht durch Parteiinteressen abschwächen lassen“

    Paul Steinbrecher für „Solidarisch. Kritisch. Engagiert.“

    Paul Steinbrecher ist 19 Jahre alt und studiert im vierten Semester auf Grundschullehramt. Er kandidiert bei der Hochschulwahl auf dem ersten Platz der Liste „Solidarisch. Kritisch. Engagiert.“. Über sein Engagement beim Fachschaftsrat Erziehungswissenschaften kam er im Oktober vergangenen Jahres zum Studierendenrat (Stura), wo er seit Februar Referent für Hochschulpolitik ist. Durch diese Tätigkeit kam er bereits mit den studentischen Senator*innen und ihren Arbeitsfeldern in Kontakt: „Ich glaube beide Positionen lassen sich gut miteinander vereinen.“ Nachdem er von amtierenden Senator*innen gefragt wurde, ob er sich nicht auch als Senator aufstellen lassen will, erstellte er eine eigene Liste. Paul verfasste ein Positionspapier mit Zielen und Werten, mit denen sich die restlichen Personen auf der Liste identifizieren sollten, um sich aufstellen zu lassen. Dabei entschied er sich bewusst gegen eine Parteienpositionierung, auch wenn ihm so finanzielle Mittel, für beispielweise Öffentlichkeitsarbeit fehlen: „Ich möchte meine Ideale nicht durch Parteiinteressen abschwächen lassen“, sagt er.

    In seiner wichtigsten Positionierung, will er Strukturen gegen Diskriminierung am Campus einrichten. Dazu gehören für ihn sowohl geschlechtsneutrale Toiletten und anonymisierte Prüfungen als auch Ruheräume für Personen mit psychosozialen oder chronischen Beeinträchtigungen. Das Thema Nachhaltigkeit müsse noch stärker strukturell verankert werden, beispielweise durch regelmäßige Ringvorlesungen und feste Stellen im Green Office, aber auch direkt am Campus gibt es noch Spielräume: „Der Campus muss grüner werden, das könnte auch über Dachbegrünung funktionieren.“

    Im Senat will er als Vertretung der Studierendenschaft eine kritische Opposition bilden, um Mehrheitsbeschlüsse aktiv betrachten und hinterfragen zu können. Er hofft, aber auch auf eine Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Mittelbau und Einigkeit mit den studentischen Senator*innen, um die gesamte Gruppe der Studierenden vertreten zu können: „Weil wir in der Unterzahl sind, kann manchmal eine Stimme entscheidend sein.“

     

    „Es gibt zwar ein Bewusstsein, aber Strategien für Nachhaltigkeit an der Uni fehlen“

    Sebastian Schramm für „Nachhaltig. Sozial. Fair. Grüne Liste”

    Der 25 Jährige Sebastian Schramm steht auf dem ersten Platz der Liste „Nachhaltig. Sozial. Fair. Grüne Liste“. Im ersten Semester seines Medizinstudiums begann er sich im Fachschaftsrat der Medizin zu engagieren, von da führte ihn die Reise zur Bundesvertretung für Medizinstudierende in Deutschland (BVMD) und in den Stura der Uni Leipzig.

    In der BMVD koordinierte er als Mitglied im geschäftsführenden Vorstand die Interessenvertretung der Medizinstudierenden und bildete die Schnittstelle zwischen Studierenden, Professor*innen und Politik. „Das hat nichts mit abstrakter Politik zu tun“, erzählt er. Hochschulpolitik ist für ihn aus dieser Perspektive mehr Selbstverwaltung als Politik.

    Als Interessenvertretung sieht Sebastian auch die Rolle der zukünftigen Senator*innen: „Weil wir nicht die Mehrheit im Senat sind, müssen wir den anderen Mitgliedern unsere Eindrücke greif- und erfahrbar machen“

    Die Überlegung für den Senat zu kandidieren war für ihn naheliegend, obwohl die Arbeit hier stärker politisch akzentuiert ist, wie er selbst empfindet. Im Dezember lief seine Amtszeit bei der bvmd aus und im März hielt er mit der Grünen Jugend Rücksprache, um sich für die folgende Wahlperiode aufstellen zu lassen. „Mit den Grünen hatte ich einfach die meisten Übereinstimmungen was meine Vorstellungen und Interessen angeht“, erzählt er. Gerade das Thema Nachhaltigkeit müsse noch mehr an der Universität etabliert werden. „Es gibt zwar ein Bewusstsein, aber eine Strategie und feste Stellen zum Beispiel im Green Office (Koordinationsstelle für Nachhaltigkeit) fehlen.“

    Als Senator möchte er sich verstärkt für die Lehrqualität an der Uni Leipzig einsetzen. Seine Erfahrungen im Medizinstudium zeigten ihm, dass die Lehre im Gegensatz zur Forschung oft nicht hinzureichend vor- und nachbereitet, wird: „Es gibt zwar Möglichkeiten Kritik rückzumelden, aber es ist sehr intransparent, wie und ob diese auch angenommen wird.“ Auch für informelles Feedback möchte er mehr Räume schaffen. Er hofft, dass er in Zusammenarbeit mit den anderen Senator*innen Prioritäten setzen kann, die auch von der nächsten Generation weitergeführt werden können: „Man kommt in einen Raum, in dem einige Professor*innen seit 30 Jahren ihr Ding machen und muss versuchen in einer kurzen Zeit etwas zu bewirken, da sind längerfristige Strategien entscheidend.“

    Fotos: Privat, Felix Ramberg

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