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  • Leipzig wird zum Hotspot für Biodiversität

    Nach zehn Jahren Arbeit veröffentlichten Leipziger Forscher*innen 2020 den bisher umfangreichsten Katalog für Gefäßpflanzen. Damit wird er mit mehr als 1,3 Millionen Namen zum führenden weltweit.

    Der Leipziger Katalog der Gefäßpflanzen (kurz LCVP für The Leipzig catalogue of vascular plants) wird als weltweit größter Katalog dieser Art zur wesentlichen Referenz für Wissenschaftler*innen, die mit Pflanzeninformationen arbeiten. Mit den Gefäßpflanzen deckt er alle Pflanzen ab, die eine bestimmte Struktur aufweisen, um Wasser und Nährstoffe zu transportieren. Er beinhaltet somit einen Großteil der Pflanzenvielfalt, wie zum Beispiel Bäume und Farne.

    Laut Martin Freiberg, dem Kopf des Projektes, war die Datenbank jedoch zunächst für kleinere Zwecke gedacht. Als wissenschaftlicher Leiter des Botanischen Gartens in Leipzig steht Freiberg mit anderen Gärten in Kontakt, unter denen Saatgut ausgetauscht wird. Dabei stieß Freiberg auf das Problem, dass gleiche Pflanzen mit unterschiedlichen Namen bezeichnet wurden. Die Frage nach dem „richtigen“ oder „falschen“ Namen motivierte Freiberg, die Datenbank zu den Gefäßpflanzen zu erstellen. Dazu recherchierte er innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren in etwa 4.500 Publikationen und Verzeichnissen nach dem ältesten bekannten Namen, der eine Pflanze beschreibt und somit auch als der akzeptierte „richtige“ Name gilt. Alle weiteren Namen fasste er ebenfalls zusammen und vermerkte sie gegebenenfalls als Synonym.

    In Zusammenarbeit mit weiteren Forscher*innen der Universität Leipzig und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung wurde die Datenbank schließlich auf Drängen der Kolleg*innen Freibergs am 26. November 2020 öffentlich zugänglich gemacht.

    Das bahnbrechende an dem Katalog ist neben dem Umfang jedoch die Aufklärung ungelöster Namen. Also Namen, die zwar im Gebrauch sind, bei denen jedoch nicht eindeutig klar ist, was sie bezeichnen. Von den 244.017 ungelösten Namen, welche in der Londoner The Plant List enthalten sind, konnte Freiberg 180.945 aufklären. Laut Marten Winter, der ebenfalls an dem Katalog mitarbeitete und das Paper verfasste, ist das eine unglaubliche Leistung für eine einzelne Person innerhalb dieser Zeitspanne.

    Trotzdem ist noch lange nicht von einem Ende der Arbeit zu sprechen, da immer neue Arten beschrieben werden, kommen auch weiterhin neue Namen hinzu. Laut Freiberg ist der veröffentlichte Katalog bereits nicht mehr auf dem neuesten Stand, da er nur Publikationen bis von vor zwei Jahren mit einbezieht. Das Team um Freiberg arbeitet jedoch bereits an einer Aktualisierung, welche auch Veröffentlichungen bis Juni 2020 berücksichtigt. Auch Winter sieht die Arbeit als eine „Heirat bis zum Lebensende“, ein Abschluss ist also nicht in Sicht.

    Das online frei zugängliche Paper ermöglicht es Wissenschaftler*innen auf der ganzen Welt, die Informationen zu nutzen, und bringt somit auch Leipzig als Entstehungsort ins Gespräch. Sowohl Freiberg als auch Winter sehen darin eine Möglichkeit, Leipzig als Zentrum für Biodiversität und Pflanzenforschung zu etablieren. Der Name, Leipziger Katalog der Gefäßpflanze, ist demnach auch sehr bewusst gewählt, um etwas Lokalkolorit mit einzubringen.

    Mit dem umfangreichen Wissen über Gefäßpflanzen vereinfacht der LCVP die wissenschaftliche Arbeit auf diesem Gebiet wesentlich. Darüber hinaus hat Freiberg die Erstellung weiterer Listen im Sinn, so zum Beispiel zu Rot- und Grünalge oder zu den Spinnentieren.

    Titelfoto: Wolfgang Teschner

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