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  • Wer Hebamme werden will, muss studieren

    Durch den neuen Studiengang Hebammenkunde sollen neueste wissenschaftliche Erkenntnisse in die Ausbildung integriert werden. Doch Kritik bleibt nicht aus.

    Im kommenden Sommer­semester startet an der Uni­versität Leipzig der erste Jahrgang im neuen Studiengang Hebammenkunde mit zunächst 25 Studienplätzen. Sie­­ben Semes­ter lang lernen die angehenden Hebammen dual an der medizinischen Fakultät und in ver­schie­­denen Krankenhäu­sern. Das Studium löst die bisherige Ausbildung an der medi­zi­nischen Berufsfachschule Leip­zig ab.

    „Im Vergleich zur Ausbildung wird es im Studium einen hö­heren Anteil an theoretischen Stunden bei gleichbleibend hohem Praxisanteil geben“, sagt Peggy Darius, Presse­sprecherin der medizinischen Fakultät der Universität Leipzig. So sind im ersten Semester theoretische Module wie „Biowissen­schaft­li­che Grundlagen“ zu absol­vie­ren.

    Leipzig ist mit seinem Studiengang Hebammenkunde aber nicht allein: Im September 2019 hat der Bundestag die vollständige Umstellung von der Ausbildung auf den Studiengang beschlossen. Das hat vor allem mit einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2005 zu tun, mit der die Anforderungen an die Hebammen­ausbildung vereinheitlicht wer­den sollten. Die Richt­linie sieht als Zugangsvoraussetzung für die Ausbildung eine zwölfjährige allgemeinbildende Schulbildung vor, was aus verfassungs­recht­lichen Grün­­­­­­den in Deutschland nur für Studiengänge möglich ist. Des­halb gibt es nun also einen Studiengang Hebammenkunde. So ist si­cher­gestellt, dass in Deutschland ausgebildete Heb­ammen zu­künf­tig problemlos im EU-Ausland arbeiten können.

    Aber auch unabhängig davon hat die Akademisierung Vor­tei­le. „Hebammen müssen Frauen und Familien evidenzbasiert betreuen können“, sagt Darius. Sie sollen die neuesten wissen­schaftlichen Er­kennt­nis­se in ihre Arbeit einfließen las­sen. Darauf werden sie jetzt noch besser vorbereitet. Der Deut­sche Heb­ammenverband be­tont au­ßerdem, dass Hebam­men heut­zutage deutlich selbst­ständiger arbeiten als noch vor vierzig Jahren und ihre wichtigen Ent­scheidungen deshalb theoretisch fundiert sein müs­sen.

    Trotzdem bleibt Kritik am neuen Studiengang nicht aus. In der Begründung des Gesetzes­ent­wurfs zur Reform der Heb­ammenausbildung steht zwar, dass das neue Studium „ent­scheidend zur Attraktivität des Hebammenberufs beitragen“ soll, aber dadurch, dass das A­bi­tur jetzt zur Voraussetzung wird, könnte es den Hebammenmangel auch wei­ter verschärfen. Der Bundes­verband der Gynäkologen sorgt sich zudem, ob die akademisch ausgebildeten Heb­­­­ammen sich nicht womöglich eher für Bereiche wie Pädagogik oder Management interessieren, statt für die so wichtigen Aufgaben im Kreissaal. Sophie, die im zweiten Lehr­jahr Hebam­menschülerin in Leipzig ist und ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, hält zudem für besonders wichtig, dass auch im Studium die Praxis nicht zu kurz kommt.

    Was passiert jetzt mit ihr und anderen Frauen und Männern, die noch die Hebammenausbildung ma­chen? Sie dürfen diese noch beenden und dann, wie die Bachelorabsolventen, die Be­rufs­­bezeichnung „Heb­am­me“ füh­ren. Zumindest Sophie kann sich aber gut vor­stel­len, nach der Hebammen­aus­bildung trotz­­­dem noch berufs­begleitend das neue Studium dran­zuhängen.

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