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  • Sprechen über das Leben

    In der dieswöchigen Sonntagskolumne zum 1. April teilt student!-Redakteur Conrad einige der tiefgehenden Weisheiten mit euch, die er im Laufe seines langen und ereignisreichen Lebens anhäufen durfte.

    Wohlig seufzend lehne ich mich in meinen Sessel zurück und zünde mir meine gerade frisch mit kubanischen Tabak gestopfte Pfeife an. Mit der ungelenken Ruhe, die nur den alten und weltmännischen Menschen wirklich gut steht, mache ich es mir an der Rückenlehne bequem, fahre mit meinen Fingern weltgewandt und gedankenabwesend durch meinen druidenlangen, schneeweißen Bart, der in Zentimetern die Anzahl der Jahre misst, seit ich begann ihn wachsen zu lassen und sage mit einem wohlwissenden Nicken: „Joa, joa Kinners‘, so war das damals…“

    Ich will euch etwas über das Leben erzählen. Schließlich seid ihr noch völlig grün in den Ohren, noch nicht einmal Haare im Gesicht habt ihr schon. Ach, wie viele Jahre ist das jetzt her, dass mir der erste Flaum auf der Oberlippe wuchs? Sieben? Das waren noch Zeiten. Damals wurden die guten Sonntagstraditionen noch hochgehalten und von uns geflissentlich verweigert. Wir haben unseren Älteren noch Respekt gezollt, weil wir ja schließlich selber noch absolute Grünschnäbel waren und haben selbstverständlich nicht geglaubt, wir hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen. Mit meinen 22 Jahren bin ich jetzt zum Glück in dem Lebensabschnitt angekommen, da alles in etwas ruhigeren Bahnen verläuft.

    All zu viel Abwechslung oder Lektionen darf ich mir vom Leben zwar nicht mehr erwarten, mein Körper wird auch schon träge—das muss das viele Rauchen sein—aber dafür kann ich nun wenigstens guten Gewissens meine Weisheiten in wöchentlichen Sonntagskolumnen an die nächste Generation weitergeben.

    Kolumnist Conrad Meißner

    Kolumnist Conrad Meißner

    Wir halten uns schon immer für die Klügsten. Als Studenten bilden wir uns etwas ein auf unseren Status Gegenwart gewordener Zukunft. Und ob ich die vernünftige Entscheidung treffe oder auch genau das Gegenteil, streng nach dem Motto: YOLO! Grau, grau ist alle Theorie…und man muss ja auch mal den Moment genießen! Immer bin ich mir sicher das Richtige zu tun. Meine überaus durchdachten und minutiösen Weltanschauungen meine ich der Welt selbstbewusst und überzeugt präsentieren zu dürfen. Sei es über die einzigartige Dialektlosigkeit meiner Heimat, die Nostalgie nach der eigenen Lektüregier oder den Verfall der guten, deutschen Sonntagstradition…Früüüher! Ja, war alles besser. Diese Anschauungen basieren natürlich auf meinem hohen Maß an Selbstreflexion. Also einfach mal aller Welt mitteilen!

    Aber vielleicht ist das gar nicht schlecht. Denn wer immer nur bescheiden schweigt und nie ausspricht, was er denkt, wird auch nie erfahren wie es ist, etwas wirklich Dummes zu sagen. Und also auch nie aus seinen Fehlern lernen können. Womöglich können am Ende die am besten nachdenken ohne zu reden, die wissen wie es ist, zu reden ohne Nachzudenken.

     

    Grafik: Marie Nowicki

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