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  • Tanztee mit dem Hutmacher

    Tanzende Würstchen, müde Blumen und eine Drag Queen der Herzen - Das Kinderballett „Alice im Wunderland“ feiert Premiere in der MuKo und begeistert mit Schönheit und viel Witz Zuschauer jedes Alters

    Über 150 Jahre ist Lewis Carrolls fantastische Geschichte um ein Mädchen, das eines Tages in eine bunte Welt der Wunder hineingezogen wird, bereits alt, aber übt auf Kinder und Kind gebliebene Erwachsene durch ihre schiere Fülle an Verrücktheiten immer noch große Faszination aus. Das um Chefchoreograf Mirko Mahr entstandene Ballett, welches am 23. März in der Musikalischen Komödie Premiere feierte, versucht genau diese Faszination ohne viele Worte, jedoch durch die Sprache der Musik und des Tanzes einzufangen.

    Das Stück beginnt bei der schick ausgerichteten, aber eben auch wenig kindgerechten Geburtstagsfeier der Protagonistin. Unter lauter Erwachsenen fühlt sich die kleine Alice (Vivien Kuhndt) übersehen und gelangweilt – bis zuerst die Zaubertricks eines Leierkastenmanns (Roland Otto) und schließlich ein vorbeihuschendes Kaninchen (Tom Bergmann) ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Das Kaninchen, welches sehr in Eile zu sein scheint, springt schließlich durch Alice‘ Geburtstagstorte und so folgt sie ihm neugierig hinein ins Wunderland.

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    Patricia Klages ist Alice

    Vor allem für Kinder konzipiert ist die Handlung, inspiriert von den Büchern „Alice im Wunderland“ und „Alice hinter den Spiegeln“, darauf reduziert, dass Alice und das Kaninchen Einladungen zu einem Croquet-Turnier zwischen ihr und der Herzkönigin an die Bewohner des Wunderlandes übergeben sollen. Nach ihrem Fall ins Wunderland, bedauerlicherweise durch eine recht simple und holprige Animations-Projektion visualisiert, findet sie sich mehreren Türen gegenüber. Auch hier setzt das Kreativteam wieder auf eine Leinwand-Projektion, vor der die nun bereits um einiges gereifte Alice (Patricia Klages) zu tanzen beginnt. Angesichts der Möglichkeiten, die die Bühnenmagie des Theaters zu bieten gehabt hätte, ist es wirklich schade wie die an PowerPoint-Bildeffekte anmutende Animation der Türen von Klages tänzerischer Leistung ablenken und so gar nicht in ein von Fantasie überbordendes Wunderland passen wollen.

    Erst als Alice sich aus Trauer über die verschlossenen Türen ein Meer aus Tränen weint und Besuch von allerhand in wunderschöne Kostüme gekleideten Wasserwesen bekommt, offenbart sich das Potenzial der Produktion. Durch Projektionen von Fischen an der Saaldecke wird der ganze Raum in Licht getaucht und man kommt nicht umhin zu staunen wie schön Musik, Tanz und Inszenierung auf einmal harmonieren. Doch nicht nur zum Staunen, auch zum Schmunzeln und Lachen regt das Stück an. Vom Tanz mit mannshohen Würstchen bei der Herzogin, einen über die Teetafel steppenden Hutmacher und die zwei sehr großen und eindeutig platzierten Knospen einer Blume, welche Alice aufwecken muss, gibt es so einige Momente, die dem Zuschauerraum ein Kichern entlocken. Tänzerisch und auch komödiantisch glänzen Patricia Klages und Tom Bergmann in den Hauptrollen, doch auch dem Rest des Ensembles, mit Unterstützung dreier jugendlicher Tänzerinnen eines Leipziger Akrobatikclubs, gelingt die Balance aus Ballett und Slapstick.

    In diesem leichtmütigen Sinne wirkt auch die Herzkönigin (Nicola Miritello) weniger als Bedrohung, sondern mehr wie eine Witzfigur auf Alice und ihre neu gewonnen Freunde. Wie eine eifersüchtige Drag Queen scheitert sie erst grandios beim Croquet-Spiel mit Flamingos und Igeln als Bällen und schließlich auch bei dem Versuch beinahe ihre gesamten Untertanen köpfen zu lassen. Nicola Miritello spielt und tanzt die Figur technisch perfekt und mit ebenso viel Witz wie Selbstironie, dass man Mahr wirklich nur zu dieser Besetzung beglückwünschen kann. Wieder Zuhause, zurück bei ihrer Geburtstagsfeier, gelingt es der durch ihre Reise nun stärker und selbstbewusster gewordenen Alice aus der schläfrigen Feier eine echte Party zu machen und das Wunderland zu sich nach Hause zu holen.

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    Nicola Miritello schwebt als Herzkönigin über die Bühne

    Trotz kleiner ästhetischer Geschmacksverirrungen, die den nicht ausgereiften Animationen zuzuschreiben sind, erlebt man mit „Alice im Wunderland“ ein gelungen inszeniertes Ballett mit bezaubernden Kostümen, einem Best-Of klassischer Musik und voller ansteckender, kindlicher Freude. Leider war nach der Vorstellung kein Kind mehr zu finden, um es nach seiner Meinung zu fragen. Aber das Kind in mir hatte definitiv eine Menge Spaß.

    Nächste Vorstellungen:

    30. März
    14./15./17. April
    10./11./26./17. Mai

     

    Fotos: Oper Leipzig / Ida Zenna

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