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    Die Designstudentin Ellinor Amini will mit ihrer Masterarbeit gegen die Unsichtbarmachung von Frauen ankämpfen. Auf sechs Postablagekästen in Leipzig sind ihre Porträts wichtiger Frauen zu sehen.

    „Jeder kennt Napoleon, aber keiner Eleonore von Aquitanien“, stellt Designstudentin Ellinor Amini fest. Weltgeschichte, so scheint es, wurde vor allem von Männern geschrieben. Aber die Geschichte wurde auch von Frauen geprägt. Schließlich soll Betsy Ross die US-Flagge genäht haben, es waren Trümmerfrauen und dank Friederike Nadig, einer der „Mütter des Grundgesetzes“, beginnt Artikel 3, Absatz 2 mit dem Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Um Beiträge von Frauen in den verschiedensten Bereichen zu würdigen und ihrer Unsichtbarmachung etwas entgegenzusetzen, hat Ellinor mit ihrer Masterarbeit das Projekt Hidden Sheroes in Kooperation mit der Deutschen Post ins Leben gerufen. Gestartet ist das Projekt Anfang Mai in Leipzig, hier war Ellinor zu Besuch und habe die offene und kreative Stimmung genossen. Sie selbst studiert Design an der Hochschule Reutlingen.

    Ellinor hat sechs Frauen einen Platz in ihrem Projekt gewidmet. Die Auswahl habe wissenschaftliche, aber auch persönliche Gründe. Eine wichtige Rolle spielte dabei die Frage „Wenn diese Frau ein Mann gewesen wäre, wäre sie in der Geschichte aufgetaucht?“. Das Projekt Hidden Sheroes umfasst sechs gestaltete Postablagekästen in der Südvorstadt sowie eine Website. Kästen wie diese sind in jedem Stadtbild vertreten und erfüllen den Zweck, Briefe beim Austragen zwischenzulagern. Sehr passend, laut Ellinor, denn auch die Frauen in ihrer Arbeit standen durch Briefe im Austausch mit der Welt.

    So entstand jeweils ein Kasten für Gertrude Bell, Elisabeth Mann Borgese, Aenne Burda, Hilla von Rebay, Clara Schumann und Mascha Kaléko. Die Porträtzeichnungen auf den Kästen hat Ellinor klassisch auf Papier angefertigt. Die Typografie, in der der Name geschrieben ist, ist digital entstanden und ebenfalls individualisiert. Beispielsweise ist Mascha Kalékos Name mit einer Continental-Schreibmaschine geschrieben. Ein solches Modell hat die Dichterin für ihre Briefe benutzt.

    Für das Projekt wurden „frequentierte Orte ausgewählt, an denen die Kästen gut sichtbar sind“, meint Ellinor. „Ich finde, dass Kunst für die Menschen ist und demokratisch sein sollte“, begründet Ellinor diese Form von Kunst im öffentlichen Raum. Ihre Arbeit, die sie bewusst nicht als Street-Art bezeichnet, ist vollkommen legal entstanden. Der Designstudentin ist es wichtig, dass diese Frauen „einen Platz im kollektiven Gedächtnis erhalten“. Doch meint Ellinor, es sei noch keine komplette Gleichberechtigung erreicht. „Es gibt zu wenige weibliche Vorbilder, vor allem für junge Mädchen, die ihren Weg noch finden müssen“, stellt Ellinor fest, denn ihr selbst habe das als heranwachsende Frau Mut gemacht. Wenn sie im Juli mit ihrer Masterarbeit fertig ist, will sie das Projekt auch in anderen Städten fortsetzen. Dazu heißt es von ihr: „Vor allem, wenn man in kleinen Städten aufwächst, sieht man, dass alle Lebensformen ihre Berechtigung haben.“ Zum Projekt gehört zudem eine Website, auf der man von Ellinor selbst recherchierte und geschriebene Biografien der Frauen findet. Im Gegensatz zu den Kästen ist die Website auch von Dauer, denn die Kästen sind Vandalismus und Wetter ausgesetzt. „Der Kasten lebt halt.“ Ihr Projekt sei nur so lange da, wie die Menschen es haben wollen.

    Titelfoto: Hannah Katinka Beck

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