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  • Wenn das der Führer wüsste

    Das Trash-Gewitter geht weiter: In „Iron Sky: The Coming Race“ kämpfen Flüchtlinge der zerstörten Erde mit Echsenmenschen-Nazis auf Dinosauriern um ihr Überleben. Ja, ernsthaft.

    Als wären die Zeiten nicht sowieso schon absurd genug: Datenkonzerne kennen uns besser als Freunde oder Eltern, Wähler schießen sich an der Urne ins eigene Bein (*hust*Brexit*hust*), und Klimawandel gibt es Gott sei Dank gar nicht. Oft genug blickt man auf die Welt und denkt sich: „Kann jetzt nicht euer Ernst sein, oder?“ Wer dieses Gefühl beim Kinogang sehnlich vermisst, dem sei „Iron Sky: The Coming Race“ empfohlen, die lang erwartete Fortsetzung des Trashfeuerwerks des finnischen Regisseurs Timo Vuorensola („Iron Sky“, 2012).

    Teil eins enthüllte, wie raumfahrende Nazis, die den Zweiten Weltkrieg auf dem Mond überdauert hatten, im Jahr 2018 die Erde angreifen. Diese Invasion konnten die Nationen der Erde zwar abwehren, sie vernichteten sich dann aber gegenseitig im Streit um die Siegesbeute (das alles scheint mir letztes Jahr entgangen zu sein, aber gut, die Weltpolitik ist ja auch reichlich hektisch geworden). Zwanzig Jahre später haben sich die überlebenden Erdlinge in den Ruinen der Nazi-Mondbasis eingerichtet, doch stellt der zunehmende Verfall die langfristige Zukunft der Kolonie in Frage. Um ihr Überleben zu sichern, bricht Obi (Lara Rossi), Tochter der Hauptfiguren Renate und Washington aus Teil eins, zu einer Expedition ins hohle Innere der verwüsteten Erde auf, wo sich eine uralte Rasse außerirdischer Reptiloider, genannt die „Vril“, vor langer Zeit mit Dinosauriern häuslich eingerichtet und die Menschheit insgeheim kontrolliert hat.

    Um sich und ihre Mitmenschen zu retten, wagt sich Obi (Lara Rossi) ins Innere der Erd

    Pilotin Obi (Lara Rossi) will sich und die anderen Erdenflüchtlinge vor dem Untergang bewahren.

    Nach sieben langen Jahren, die Vuorensola mit fleißigem Crowdfunding verbracht hat, kehrt der eiserne Himmel also auf die Kinoleinwand zurück. Und bringt dabei ein Sortiment an B-Movie-Klamauk mit sich, das kaum eine bizarre Idee oder Geschmacklosigkeit auslässt. Vom Heiligen Gral über den Echsenmenschen Mark Zuckerberg bis zu Hitler rittlings auf einem T-Rex kommt bei dieser kunterbunten Verschwörungs-Travestie einiges zusammen.

    Das Konzept könnte vielleicht funktionieren, wenn „Iron Sky 2“ zumindest brauchbare Schauspielleistungen aufbieten würde. Die allerdings sind durch die Bank weg so unterirdisch wie die mythische Stadt im Erdkern, zu der die Protagonisten hinabsteigen. Garniert mit roh geskripteten Dialogen, die sich scheinbar niemand ein zweites Mal durchgelesen hat. In den letzten fünf bis zehn Filmminuten dazu noch eine Liebesstory wie mit dem Holzhammer gebastelt: Männchen, Weibchen, glückliche Wendung. Zack, passt. Als hätte man sich kurz vor Ende noch erinnert, dass ja noch etwas im Fertigbackrezept für den Standardplot fehlt.

    Echsenmenschen unter sich: Hitler (Udo Kier) und Handlanger

    Reptiloiden-Hitler (Udo Kier) samt Handlangern

    Wie außerdem schon im ersten Teil erscheinen Nazis hier als völlig ideologiefreie Gegner, als im Grunde austauschbare Bösewichte. Motto: Fies, aber schicke Uniformen. An Stelle von Ober-Nazi Kortzfleisch (Udo Kier) hätte genauso gut auch Darth Vader stehen können – der Plot hätte trotzdem funktioniert. Und wie schon im ersten Teil sichert man sich gegen den möglichen Vorwurf der Trivialisierung des Nationalsozialismus ab, indem man starke nicht-weiße Hauptcharaktere einführt, in diesem Falle die afrodeutsche Obi. In der Interaktion im jetzigen Film spielt diese Diversität markanterweise nie eine Rolle, obwohl diese Tatsache für echte Nazis wohl kaum je eine Normalität dargestellt haben dürfte.

    Vielleicht ist es müßig, nebensächliche Feinheiten wie Schauspiel oder Dialoge an einem Trashstreifen kritisieren zu wollen und der Film geht damit zugegebenermaßen auch offen um. Viele der Anspielungen bringen trotzdem zum Lachen, zum Beispiel die zur herrschenden Religion aufgestiegene Verehrung eines bestimmten Elektronikkonzerns. Aber wenn sich die Mängel derart in den Vordergrund drängen, dass sie immer wieder den Filmfluss stören, bleibt vom Werk schließlich nur eine Aneinanderreihung von Skurrilitäten, eine Geisterbahn aus Aluhutgeschichtchen. Das kann unterhaltsam sein; für echten Filmgenuss ist es aber sicher zu wenig.

    Ab 21. März im Kino

    Fotos: Splendid Film

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