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  • Auge in Auge mit Afghanistan

    Ausstellung „Geliebtes Afghanistan“ im Augusteum würdigt Fotografin Anja Niedringhaus

    Der Krieg in Afghanistan hat seit Jahren einen Stammplatz in den Nachrichten. Doch wie sieht das Leben der Menschen vor Ort wirklich aus? Welche Facetten des Landes werden in den Nachrichten weniger beleuchtet?

    Die Kustodie der Universität Leipzig zeigt noch bis zum 21. Juli in der Galerie des Neuen Augusteums eine Auswahl an Bildern, die Anja Niedringhaus in ihrer Zeit als Kriegsjournalistin zwischen 2002 und 2014 in Afghanistan aufnahm. Sie zeugen von der Normalität  des Alltags einerseits und dem Leid andererseits.

    Auf der einen Seite zeigt sich der Alltag Afghanistans in den Fotografien mit spielenden Schulkindern, liebevollen Vätern und lachenden Menschen beim Fest des Fastenbrechens. Auf der anderen Seite mit einem Jungen, der mit einer automatischen Pistole in der Hand Karussell fährt. Dass die Waffe nicht echt ist, lässt sich nur der Bildunterschrift entnehmen. Waffen und Gewalt ziehen sich schließlich durch die Fotografien wie ein roter Faden. Ob bei der Bewachung einer Schule oder den von den Spuren des Krieges und der Krankheiten gezeichneten Menschen bei der Prothesenanprobe.  Aber auch Themen wie Zwangsheirat, Korruption von Polizei und Politik, Unterdrückung von Selbstbestimmung der Frau, sowie die großen Drogenprobleme des Landes werden angesprochen.

    Was man bei der Betrachtung von Fotografien nie vergessen darf: Es bewegt sich auch immer ein Motiv hinter der Kamera –  in diesem Fall Anja Niedringhaus.

    Es gehört eine gehörige Portion Mut dazu, statt nach sich selbst zu schauen, lieber durch den Sucher der Kamera Momente festzuhalten. Niedringhaus selbst sagte einmal bei einer Dankesrede für eine Auszeichnung: „Ich hätte mich die meiste Zeit meines Lebens von Gefahren fernhalten können, aber ich habe mich immer zu den Menschen in schwierigen Situationen hingezogen gefühlt“.

    2014 wurde sie in Afghanistan auf offener Straße von einem Polizisten erschossen.

    Die Ausstellung zeigt, wie wichtig die Synthese von Bild und Wort sein kann. Hinter dem Jugendlichen im Karussell vermutet man sofort einen potentiellen Kindersoldaten. Und ein malender Junge auf einem Teppich scheint nur ein malender Junge zu sein. Das ist er auch, mit einer einzigen Besonderheit: Seit seiner frühen Kindheit ist er drogenabhängig. Erst die textliche Erklärung gibt Aufschluss über Kontext und Hintergrund, die essentiell für den Betrachter sind. So soll Journalismus funktionieren.

    Es fällt nicht leicht, die Bilder von Not und Elend anzusehen und das soll es auch nicht. Die Dokumentation des Lebens soll das abbilden, was vorzufinden ist. Dazu gehört, bei einigen Fotos ein Lächeln auf den Lippen zu haben und bei anderen nicht hinsehen zu wollen.

    Ein Bild, das diese Eindrücke vereint, beweist Niedringhaus‘ Blick auf die besonderen Motive. Ein junges Mädchen im pinken Kleid streckt seine Hand nach einem Polizisten in dunkler Uniform aus, der es bewusst zu ignorieren scheint. Das ist Ästhetik der besonderen Art.

     

    Die Ausstellung ist noch bis zum 21.7. geöffnet.

    Für Studenten und Mitarbeiter der Universität ist der Eintritt frei, Gäste zahlen 2,50 €, erm. 1,50 €

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