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  • „Wir fühlen uns Clubs verbunden und wollen dort gut klingen“

    "Chiami" - Straßenköter-Dance-Musik

    Philipp und Sebastian sind die beiden Namen hinter dem Live-Act „Chiami“. Seit etwa einem Jahr produzieren die Wahl-Leipziger gemeinsam ihre außergewöhnliche, elektronische Musik, die sie auf privaten Veranstaltungen und in den Clubs in Leipzig live präsentieren. Mit der student!-Redakteurin Juliane Siegert sprechen sie über ihre Anfänge, Zukunftspläne und ihre positiven wie negativen Erfahrungen auf den Bühnen Leipzigs.

    student!: „Chiami“ ist Italienisch für „Ausruf“ oder „Apell“ – was hat euch bewegt diesen namen zu wähen?

    Sebastian: Uns hat der Klang einfach gefallen und wir haben gedacht, dass dieses italienische Wort im Deutschen einfach so kontextlos ist, das man es schon fast als reines Kunstwort verwenden kann.

     

    student!: Wer waren eure Vorbilder?

    Sebastian: Tom Waits! Für mich auf jeden Fall Tom Waits. Und Morphine.

    Philipp: Es gibt so viele Stile, die wir verarbeiten und die uns inspirieren… ich finde, es ist echt die komplette Bandbreite. Vom Musikstil her dieses „Tech Housige“, dieses melodische… Techno…

     

    student!: Woher bekommt ihr eure Auftritte in der Regel?

    Sebastian: Bunt durchgemischt. Zum einen kennt man Leute oder bestimmte Kollektive, Leute aus Clubs, Leute von anderen Bands. Wir haben auch mal jemanden bei einer Mitfahrgelegenheit nach Berlin kennengelernt, dort haben wir dann gespielt, all so was.

    Philipp: Im erweiterten Freundeskreis kennen wir auch ein paar DJs, die sich schon einen Namen gemacht haben. Großteilig läuft es über private Kontakte.

     

    student!: Ihr habt eure Musik einmal als „Leipziger Straßenköter-Elektro-Mucke“ bezeichnet. Was hat es damit auf sich?

    Philipp: Das ist eine Wortschöpfung von uns.

    Sebastian: Wir machen ja viel live. Im Gegensetz zu einem DJ sind wir ja ein Live-Act, wir produzieren unsere Sachen selbst und spielen die auch selbst live. Das wird dann manchmal etwas ruppiger, das Mikrofon rauscht, es gibt Rückkopplungen und es klappt einfach manchmal nicht so wie bei einer normalen Performance. Wir saßen schon einmal so da wie du uns jetzt hier siehst und wollten etwas mit der Beschreibung provozieren. Erst ist mir nichts eingefallen und dann habe ich mir was überlegt, worüber man etwas nachdenken kann.

     

    student!: Wo produziert ihr eure Musik?

    Sebastian: Schwieriges Thema. Wir können ein wenig bei mir im Büro machen, viel passiert aber auch zu Hause. Es ist leider ganz schwierig geeignete Räume zu finden.

     

    student!: Ihr habt ja auch einige Stücke auf SoundCloud hochgeladen. Spiegelt das einen Großteil eurer Werke wieder oder ist das nur ein kleiner Ausschnitt?

    Sebastian: Wir haben die Titel anfangs einfach nur hochgeladen in sehr schlechter Qualität und haben dann immer mehr verbessert und neu hochgeladen. Jetzt ist zwar eine Auswahl da, aber wir wollen noch einen Mix machen, sodass man ein Set von uns hat. Das ist auch wichtig für die Clubs, da die wissen wollen, ob man ein ganzes Programm gestalten kann.

    Philipp: Auch vor Auftritten laden wir neue Songs hoch und bewerben sie.

    Sebastian: Wenn Titel nicht so gut ankommen, nehmen wir sie auch wieder runter. Gerade ist alles noch sehr schnelllebig.

     

    student!: Wie fallen die Reaktionen auf euch aus?

    Sebastian: Viele sagen uns, dass sie es cool finden. Auch bei kleinen Veranstaltungen, mit zwanzig, dreißig Leuten kommt stets jemand und spricht uns an. Man bekommt gezielt von wenigen Leuten ein extrem starkes Feedback, würde ich sagen.

     

    student!: In vielen eurer Titel sind verschiedene Musikinstrumente oder Gesang zu hören – besonders charakteristisch ist die Trompete in einigen eurer Stücke. Produziert ihr das alles selbst oder wo nehmt ihr diese Elemente her?

    Sebastian: Das wird alles nach Lust und Laune gemacht. Eigentlich sind es Zusammenschnitte von allem: Irgendwelche alten Sachen, wo ich Gitarre gespielt habe oder wo Philipp rumgequatscht hat. Die Trompete ist auch zu Teilen schon in den Titel integriert oder wird beim Liveauftritt drüber gespielt. Es gibt viele Varianten und wir probieren auch alles aus. Die Idealvorstellung ist, dass wir später so viel wie möglich live machen. Das ist aber etwas utopisch, denn dafür bräuchte man eigentlich zehn Hände. Wir tun unser Bestes, dass es ein anderes Erlebnis ist, als wenn man einfach nur einen Track auflegt, den man schon zehnmal gehört hat und nicht verändern kann. Unsere Musik ist wirklich vielschichtig. Selbst wenn wir einmal den Einsatz verpassen, dann gehen wir halt einfach zurück. Dadurch entstehen auch andere Momente – auch wie wir die Tracks zusammenmixen.

     

    student!: Was sind die schönsten und was sind die schlechtesten Momente bei eurer Arbeit?

    Sebastian: Es ist manchmal echt viel Arbeit und viel Disziplin. Manche Sachen muss man einfach wirklich oft anhören und nachbessern, ich glaube, das ist das Deprimierendste. Beim Auflegen klappt aber alles eigentlich echt gut. …wenn jemand ankommt und fragt, ob wir nicht Black spielen könnten, das ist immer das Nervigste.

    Philipp: Das Schönste ist immer, wenn die Leute Spaß haben und zu unserer Musik tanzen. Wenn der Drop die Bude zum Beben bringt und die Menge zum Abgehen veranlasst und man sich dann auch mal zufrieden entspannen kann auf der Stage und mit dem Publikum interagiert und zuprostet, das ist einfach nur schön.

    Sebastian: Genau, wenn alle locker sind. Wir machen das ja auch nicht jeden Abend und es ist schon genial, wenn man dann entspannen kann und die Leute darauf anspringen, was man macht. Wir sind ja auch die ganze Zeit beschäftigt und wenn man dann merkt, dass die Leute es mögen, ist das natürlich großartig.

    Philipp: Unsere Kommunikation klappt auch immer erstaunlich gut und schnell, wie ich finde. Wir sind halt nur zu zweit und können Aktion und Reaktion immer schnell umsetzen.

     

    student!: Was plant ihr für die Zukunft?

    Sebastian: Ja, wie gesagt, wir haben viel Zeit und Arbeit reingesteckt und ein positives Feedback bekommen. Jetzt wollen wir es natürlich auf nächste Level heben und auch mehr herumkommen, andere Gegenden sehen vielleicht. Wir wollen auch noch einige Kanten glätten und live mehr machen. Es gibt eigentlich immer viel zu tun.

     

    student!: Wie würdet ihr eure Musik ganz kurz und knapp beschreiben?

    Sebastian: In Stichworten würde ich „experimentell“ als erstes nennen…

    Philipp: …instrumental, live…

    Sebastian: Bisschen rauchig, jazzig vielleicht, melancholisch auch teilweise, manchmal Techno. Wir fühlen uns vor allem Clubs verbunden und wollen dort gut klingen mit elektronischer, handgemachter Musik.

     

    Foto: Jeanne Micallef

     

    Chiami aus Soundcloud:        soundcloud.com/chiami23

    Kontakt zu Chiami:                 chiamimusic@gmail.com

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